Kapitel 4: Sie ist Evrana
- Einblendung -

WALDHANG -- ZUR GLEICHEN ZEIT

EVE:

„Warum denken alle, ich sei Evrana? Ich heiße Eve und bin Elianerin. Ich bin unterwegs
in die Stadt und habe bemerkt, dass sich hier ein Heer befindet, welches diese bedroht.
Zufällig bin ich auf dich gestoßen. Da du verwundet warst, habe ich dir geholfen.“

Einige Sekunden lang zeigt sich Verblüffung auf Rajnish' Gesicht, die sich aber rasch in Spott umwandelt.

RAJNISH:
(stichelnd)
„Und? Soll ich mich dir jetzt aus Dankbarkeit zu Füßen legen?“

EVE:
(ernst)
„Nein. Ich erwarte nicht mal, dass du jetzt die Stadt verschonst geschweige denn, dass
du dein Leben änderst, dazu kenne ich solche von deiner Sorte zu gut...“


RAJNISH:
„Recht hast du. Ich denke nicht daran.
Obwohl ich zugeben muss, dass du mich überrascht . Du hättest die Möglichkeit gehabt,
dich meiner zu entledigen... und die Prophezeiung vielleicht sogar somit zu erfüllen,
ich bin nämlich, nebenbei gesagt, der Anführer dieses Heeres. Aber so...“

(Schadenfreude erscheint in seinem Gesicht)

„...So wirst du höchstens gelyncht werden, wenn die Stadtbewohner erfahren, was
du getan hast.
Zu deiner Information: Meine Männer hätten zweifellos bald nach mir gesucht, ich hätte
also auch ohne deine Heilkünste überlebt... Und... Keine Angst, ich werde dich nicht
verraten, immerhin schulde ich dir eigentlich was.“

Er schaut Eve höhnisch an, doch das Grinsen gefriert in seinem Gesicht als er bemerkt, dass Elis Botschafterin keinerlei Regung zeigt.
Einige Momente starrt er die Friedenspredigerin durchdringend an, während diese mit ruhigem, geradezu kühlem Blick zurückschaut.

RAJNISH:
(erschüttert)
„Du... du hast das gewusst?!“

EVE:
(langsam)
„Ich habe keinen Grund, nicht zu meinen Taten zu stehen. Ich habe das getan, was ich
glaubte, tun zu müssen, was meinem Glauben entspricht und...“

(stockt kurz; nachdenklich, dann entschlossen)
„...ich bereue es nicht.“

Einige Sekunden starrt Rajnish Elis Botschafterin wortlos an. Gegen seinen Willen liegt in seinen Augen eine leise Bewunderung.



RAJNISH:
(versucht mit Sarkasmus seine Unsicherheit zu überdecken)
„Euer Friedensgelaber verdreht euch Elianern schon so den Kopf, dass ihr nicht mehr
klar denken könnt, was?“

Eve schaut ihn nur stumm an. Rajnish beginnt sich unwohl unter ihrem Blick zu fühlen und so setzt er mit einem Kopfschütteln dazu an, ins Lager zurückzukehren.
Mit einer derart schnellen Bewegung, dass es schon fast einer Flucht gleicht, dreht er sich um und will gerade losgehen, als Eve ihn am Arm fasst und zurückhält. Widerwillig dreht er sich zur Friedenspredigerin um.

EVE:
„Warum machst du das? Du bist kein gewöhnlicher Kriegsherr. Ich spüre, da
ist irgendetwas Besonderes.“

Rajnish zuckt leicht zusammen.

EVE:
„Du... du bist nicht grundsätzlich ein schlechter Mensch, du hast es aber in deinem
Leben nicht besonders leicht gehabt. Und das, was du hier machst, ist für dich
eine Art Rache.“



EVE:
„Was glaubst du, was das für ein Gefühl ist, unschuldige Menschen zu töten? Es gibt
dir ein Gefühl des Überlegen-Seins, ein Gefühl von Autorität, von Macht. Macht über
Leben und Tod. Es wird dich befriedigen. Wirklich, es wird dich befriedigen. Aber du wirst
einen hohen Preis dafür bezahlen müssen.“


RAJNISH
(spöttisch)
„Du willst mir wohl Angst einjagen?“

Eine gewisse Unruhe verspürt er jedoch schon.

EVE:
„Nein. Ich will dir bloß klarmachen, dass du einen Fehler begehst. Einen großen Fehler.
Und ich spreche aus eigener Erfahrung.
Es gibt etwas, das du mit all der auf dieser Weise erreichten Macht nie haben, ja
verlieren wirst: Liebe.
Echte Freundschaft. Nicht, dass dich das stören würde. Jetzt nicht. Morgen nicht. In
ein paar Jahren nicht. Es tönt für dich jetzt sogar lächerlich. Du denkst, ich rede Unsinn.
Aber es ist ein unermesslicher Verlust.
Zu den Gefühlen, Macht über andere Menschen zu haben, der Überlegenheit, wird
irgendwann mal das Gefühl der Einsamkeit hinzukommen.
Du wirst erleben, was es heißt, niemandem vertrauen zu können. Auch wenn du das
lange nicht einsehen wollen wirst, und dir einreden wirst, dein Leben laufe prächtig ab.
Auch wenn du lange versuchen wirst, diese Gefühle zu unterdrücken und zu beseitigen.
Irgendwann wirst du etwas vermissen.“


„Und dann wirst du merken, dass du nicht zurück kannst. Eigentlich kannst du schon
zurück, aber du wirst das Gefühl haben, es gehe nicht, einige gut Taten könnten die
unzähligen schlechten nicht wiedergutmachen, könnten die Toten, deren Todesschreie
dich im Traum verfolgen, nicht zum Leben wiedererwecken. Es lohne sich nicht.
Diesen Kreislauf dann zu durchbrechen wird um einiges schwerer sein, als jetzt damit
aufzuhören. Besser gesagt erst gar nicht anzufangen. Es erfordert mehr Mut, die
Waffen jetzt hinzulegen, als den Angriff durchzuziehen.
Diese Menschen in der Stadt haben dir nichts angetan. Und wenn du morgen, oder
wann auch immer du den Angriff planst, die Stadt verwüstest und deren Bewohner tötest,
wirst du nicht nur zu einem unbarmherzigen Mörder. Du wirst in diesen Kreis der kalten,
herzlosen Gewalt eintreten, aus welchem du kaum mehr entfliehen kannst, selbst wenn
du dann irgendwann willst.“


Einen Moment lang wirkt Rajnish ehrlich betroffen, geradezu bestürzt und Xenas Tochter hofft schon, ihre Worte hätten etwas bewirkt.

Aber dann zuckt er leicht zusammen und blinzelt, als hätte man ihn aus einer Trance gerissen; sein Gesicht verzieht sich zu einer boshaften Grimasse. Der Moment ist vorbei: Eve steht wieder vor einem skrupellosen, grausamen Kriegsherrn, welcher ohne zu zögern Frauen und Kinder töten würde.

Elis Botschafterin friert plötzlich bei der Kälte, die von Rajnish aus zu kommen scheint, sie spürt auf einmal etwas abgrundtief Böses in ihm.

RAJNISH:
„Hör doch auf mit deinem Geschwätz! Ich werde zurück ins Lager gehen, der Angriff
wird wie geplant in zwei Tagen stattfinden.
Und da du mir das Leben gerettet hast, werde ich dich... nicht jetzt töten; das hebe ich
mir für unsere nächste Begegnung auf...“

(höhnisch)
„...Evrana.“

Er dreht sich um und ging in Richtung Heerlager davon.

EVE:
„Ich bin nicht...“

Sie verstummt. Es bringt nichts, er ist schon zu weit weg um sie zu hören. Nachdenklich blickt sie ihm nach.


- Schnitt zu: -

BEIM HEERLAGER, WESTLICH

GABRIELLE:
„Nicht einmal Wachen. Rajnish scheint sich ja sehr sicher zu fühlen.“

XENA:
„Die Einwohner sind eingeschüchtert und er weiß das. Von der ansässigen Bevölkerung
würde es niemand wagen, in die Nähe des Heerlagers zu kommen. Also glaubt er wohl,
ohne Wachen auskommen zu können. Möglicherweise ist sein Heer deshalb so klein, weil
er beim Angriff genau auf die Angst der Einwohner aufbaut. Darauf, dass sich ihm niemand
entgegenstellen wird und er somit gar kein großes Heer benötigt. Und wenn ich mir die
Stimmung in der Stadt anschaue, hat er tatsächlich genau das erreicht.“

Die Dämmerung hat eingesetzt, es wird immer dunkler. Viele der Krieger beginnen sich in ihre Zelte zurückzuziehen, Lagerfeuer wurden angezündet.

Nachdenklich betrachtet Xena das Lager.
Dann tritt sie vollständig hinter dem Baumstamm und schaut ihre Freundin an.

XENA:
„Lass uns...“

Sie stockt und starrt auf einen Punkt hinter Gabrielle.
Sie kneift die Augen leicht zusammen.

XENA:
(leise)
„Da kommt jemand.“

Gabrielle wendet sich um.

GABRIELLE:
(verwundert)
„So wie der torkelt würde ich fast behaupten, er sei betrunken.“

XENA:
„Betrunken oder nicht, wir werden ihm mal ein paar Fragen stellen.“


- Schnitt zu: -

ZWISCHEN DEM BEWALDETEN HANG UND DEM HEERLAGER

Langsam steuert Rajnish auf das Heerlager zu.
Er wirkt leicht benommen und unzufrieden.
Es raschelt kaum hörbar in seiner Nähe. Der Kriegsherr stockt im Schritt und seine rechte Hand fährt zum Griff seines Schwertes. In diesem Moment hört er wie jemand von hinten rennend auf ihn zukommt. Er dreht sich um und seufzt genervt auf, als er Eve erkennt.



RAJNISH:
„Was willst du denn noch?“

Eve verlangsamt ihren Gang und tritt auf den Anführer des Heeres zu.

EVE:
„Du magst diese Stadt angreifen, aber...“

RAJNISH:
„Fang nicht schon wieder mit Predigten an, Evrana.“

EVE:
(unbeirrt)
„... du bist verwundet und hast kein sonderlich großes Heer. Zumindest vom Waldhang
aus sieht das Lager nicht sonderlich gross aus. Du kannst doch nicht tatsächlich darauf
bestehen, in bereits zwei Tagen einen Angriff auf die Stadt auszuführen?!“


RAJNISH:
„Lass das mal mein Problem sein. Ich muss dir keine Rechenschaft ablegen.“
(kurze Pause)
„Oder eigentlich... Eigentlich kann ich dir jedes Detail erzählen, du wirst sowieso
nichts ändern können.“


Er nimmt seine Hand vom Schwertgriff und schaut sie überheblich an.

RAJNISH:
„Die Einwohner haben viel zu viel Angst und spätestens sobald sie das Heer erblicken,
werden sie einsehen, dass Widerstand sinnlos wäre.
Sie werden das Stadttor verschließen und sich in ihren Häusern verschanzen.
In diesem...“

(weist kurz mit dem Kopf zum Heerlager)
„...Lager befinden sich genügend Männer für den... kann man das noch Angriff nennen?
Ich brauche nicht einmal sonderlich große Bewaffnung.
Eine einfache Frontalattacke wird reichen.
Und dann...“

Er macht eine Bewegung mit der Hand, als würde er eine lästige Fliege verscheuchen.

EVE:
„Was ist, wenn sie eine Verteidigung aufbauen?“

RAJNISH:
„Meine Krieger sind sehr gut. Ein paar Stadtbewohner werden kein Hindernis für sie sein.
Wenn diese eine Verteidigung aufbauen... “

(grinst)
„... sogar besser, dann haben sie noch mehr Spaß.“
(ernst)
„Aber genug geplaudert! Geh jetzt, bevor ich noch wütend werde. Ich merke schon, was
du willst. Du hast gemerkt, dass du mich nicht überreden kannst. Nun versuchst du noch
einige Informationen zu bekommen, um den Einwohnern noch etwas zu helfen. Du kannst
ruhig den Stadtbewohnern alles erzählen, was ich gesagt habe, dieses Wissen wird ihnen
nichts nützen. Es sei denn, sie können in derart kurzer Zeit noch ein Heer von Kriegern
auftreiben. Aber diese Gefahr besteht hier nicht.“




EVE:
„Du bist zu selbstsicher. Das...“

RAJNISH:
(langsam)
„Du machst mich langsam wirklich wütend.“

Seine rechte Hand fährt wieder zum Schwertgriff.

RAJNISH:
„Ich überlege mir, ob es nicht doch sicherer wäre, dich noch so nebenbei zu erledigen.“

Langsam zieht er das Schwert heraus.


- Ausblendung; Aufblendung zu: -

ZWISCHEN WALDHANG UND HEERLAGER

Eve weicht einen Schritt zurück, ohne jedoch die Ruhe zu verlieren.
Sie schaut den Kriegsherrn fest an.

XENAS STIMME:
„Das würde ich an deiner Stelle nicht tun.“

Rajnish dreht sich um. Hinter ihm stehen Xena und Gabrielle. Beide halten einen Ast in den Händen.

Eves Gesicht hellt sich auf, als sie die beiden erkennt.

RAJNISH:
„Ich weiß nicht, woher ihr auf einmal gekommen seid, aber ihr solltet euch besser nicht
einmischen, oder...“

Er hebt das Schwert leicht hoch.
Xena und Gabrielle schauen -gespielt- etwas eingeschüchtert drein, aber fassen sich rasch wieder. Die Kriegerprinzessin hebt den Stock in einer drohenden Geste.

XENA:
„Oder was? Lass sie in Ruhe gehen. Du magst ein Krieger sein und wir nur drei einfache
Frauen, aber vergiss nicht, du bist verwundet.“


RAJNISH:
(funkelt sie wütend an)
„Möglicherweise hast du recht. Gut, ich werde sie jetzt gehen lassen. Aber glaub ja nicht,
das sei hier zu Ende. Wenn ihr zur Stadt gehört, werden wir uns wieder treffen. Und dann
wird die Lage anders aussehen.“

Xena antwortet nicht, sondern nickt Eve bloß kurz zu und die Drei gehen rasch in Richtung der Stadt weg.

Der Heerführer schaut ihnen nach. Als sie aus seinem Blickfeld verschwunden sind, steckt er langsam sein Schwert zurück. Seine eben noch wütende Grimasse verwandelt sich in ein böses Lächeln.

Er ist sichtlich zufrieden.

- Schnitt zu: -

ZWISCHEN HEERLAGER UND STADT -- KURZ DARAUF

Kaum ist das Lager aus ihrer Sicht verschwunden, nimmt die Wiedersehensfreude überhand genommen und sie begrüßen und umarmen sich.
Bald jedoch tritt die Besorgnis in den Vordergrund.

XENA:
„Was machst du ausgerechnet hier? Und Rajnish, wie...?“

EVE:
„Ich... Er war verletzt, ich... habe ihn geheilt...“

XENA:
„Was?!?“

EVE:
„Ich weiß nicht, was passiert war; er befand sich im Wald. Zunächst hatte ich ja gezögert,
mich der Gestalt am Boden zu nähern, weil ich es für eine Falle hielt - abgesehen davon,
dass es sowieso merkwürdig war, dass er alleine war - aber dann merkte ich, dass er
verletzt war. Weswegen, weiß ich nicht. Es waren eine Art... Tierspuren um den Ort.
Aber ich weiß nicht von welcher Art: Für Affen waren sie zu groß, Menschen waren es
aber auch gewiss nicht. Sie passten zu keinem mir bekannten Tier. Jedenfalls... Ich habe
ja die Gabe zu heilen. Na ja, Eli hatte sie, weil er es verstanden hatte, den Zustand der
völligen Liebe zu erreichen; ich habe das noch... nicht ganz geschafft. Entsprechend kann
ich zurzeit nicht wirklich heilen, aber ich kann die Genesung positiv beeinflussen und
Schmerzen dämmen. Und.. ja, das habe ich bei ihm gemacht...“


GABRIELLE:
(stirnrunzelnd, ernst)
„Eve... das war der Anführer des Heeres...“

EVE:
(langsam nickend)
„Ich weiß. Ich hatte es bemerkt, an seiner Kleidung und den Waffen. Außerdem hatte
ich bereits vorher gemerkt, dass ein Heer nahe der Stadt lagerte, als ich mit dem Wind
das Klirren von Waffen vernahm.
Möglicherweise habe ich ja die Chance verpasst, die Prophezeiung zu erfüllen.
Denn ohne Anführer fallen ja Heere meistens rasch auseinander. Ich hätte ihn einfach
töten und möglicherweise vielen anderen Menschen das Leben retten können. Vielleicht
bin ich ja Evrana, der Mann hat gemeint, alle Zeichen stimmen.“

(Xena und Gabrielle wechseln einen Blick)

„Ich habe wirklich sehr lange überlegt. Ich wusste ja, wenn ich ihm helfe, würde er sich
wahrscheinlich nicht verändern oder überhaupt danken... Aber als Elis Botschafterin sollte
ich ihm ja eigentlich helfen... Eli hat gesagt, man solle auch die Feinde lieben. Und Eli
hätte es getan. Diese Überlegung hat den Ausschlag für die Entscheidung gegeben.
Und der Satz der Frau 'Vertraue stets auf dein Herz'.“


XENA:
(mit einem nicht sonderlich zufriedenen, aber dennoch verständnisvollem Blick; fragend)
„Welche Frau?“

Eve schaut ihre Mutter an, aus den Gedanken herausgerissen.

EVE:
„Das... ist eine lange Geschichte. Habt ihr in der Stadt eine Unterkunft? Dann können wir
in Ruhe darüber reden. Außerdem...“

Sie schaut ihre Mutter mit einem liebevollen, seltsamen Blick an und lächelt sanft.

EVE:
„...außerdem habt ihr mir ja auch bestimmt einiges zu erzählen.“

Gabrielle wechselt einen Blick mit der Kriegerprinzessin.

GABRIELLE:
(nickend, langsam)
„Ananda hat denke ich nichts gegen einen weiteren Gast...“



- Schnitt: -

ANANDAS HAUS -- WENIG SPÄTER

GABRIELLE:
„... Und da haben wir beschlossen, dich mal zu besuchen.“

Eve grinst leicht.

Sie sitzen gemütlich in der Stube; Eve hat sich erfrischt. Ananda ist nicht anwesend.

EVE:
„...und prompt kommt ihr in ein Schlamassel rein.“
(wieder ernst)
„Ich bin sehr froh, euch zu sehen, ich...“
(zögernd)
„Ich war mir eine Weile lang nicht sicher, ob ein solches Wiedersehen jemals wieder
stattfinden könnte, nach dieser Sache...
Aber Eli sei Dank, seid ihr wohlbehalten, beide.“

In den Augen der beiden Kriegerinnen erschien eine leise Verwirrung.

GABRIELLE:
„Nach welcher Sache?“

EVE:
(leise)
„...Japan, Yodoshi ...“
XENA:
(etwas überrascht)
„Woher...“

EVE:

„Ich hatte gespürt, dass etwas nicht stimmt. Außerdem hatte sich die Nachricht, eine
Kriegerin aus Griechenland habe mit ihrer Gefährtin den Seelenfänger Yodoshi besiegt
und habe sich dann, um 40'000 Seelen zu erlösen, geopfert, rasch verbreitet. Noch dazu,
wo ich viel herumkomme...“

(schaut ihre Mutter an)
„Ich wusste, dass du es schaffen würdest, dass du irgendwie mit Hilfe von Gabrielle
ins Leben zurückkehren würdest und diese Seelen dennoch erlöst sein könnten.“

(ihr Blick wandert zur Bardin)
„Ihr zwei gehört einfach zusammen.“

Xena und Gabrielle schauen sich liebevoll an und ein mildes, etwas belustigtes Lächeln huscht über ihre Gesichter.



- Schnitt zu: -

HEERLAGER, ZELT DES ANFÜHRERS -- ZUR GLEICHEN ZEIT

RAJNISH:
(aufgebracht)
„Du schuldest mir eine Erklärung! Was sollte das eben? Woher kennst du diese Frauen?
Wieso hast du...“


STIMME:
(unterbricht ihn)
„Halt.“
(Die Stimme ist ruhig, aber dennoch oder vielleicht gerade deswegen hat
sie etwas drohendes an sich.)
„Ich bin es, der hier Fragen stellt und nicht so irgendein dahergelaufener Möchtegern-Krieger.
Noch dazu einer, der tatsächlich beinahe auf das Gelaber einer Friedenspredigerin hereinfällt.“

Rajnish blickt etwas schuldbewusst drein.

RAJNISH:
„Ich weiß auch nicht, weshalb mir ihre Worte auf einmal so einleuchtend zu sein schienen...
Sie hat so etwas an sich... Ich kann es nicht in Worte fassen... Außerdem hat es mich wirklich
überrascht, dass sie mir geholfen hat, obwohl sie erkannt hat, dass ich der Heerführer bin...“


„Ich meine, sie hätte mich töten können, ich ist bewusstlos und du warst in diesem
Moment nicht da. Aber sie...“


STIMME:
(höhnisch)
„...Er kann es nicht in Worte fassen. Die kleine Friedenspredigerin hat ihn doch verschont.“
(langsam, mit gefährlichem Unterton)
„Ich frage mich, weshalb ich mir ausgerechnet dich ausgesucht habe. Wenn dich eine
Elianerin an der Nase rumführen kann, bedeutet das, du bist schwach. Und jemanden,
der so zu zweifeln scheint, dass ich mir nicht sicher sein kann, ob er im entscheidenden
Moment aufgibt, kann ich nicht gebrauchen. Vielleicht sollte ich mitsamt meinen Kriegern
abziehen. Es gibt genug andere, die ohne zu zögern bereit wären, ein Bündnis mit
mir einzugehen.“


RAJNISH:
(etwas erschrocken)
„Nein! So war es nicht gemeint!“

Rajnish' Blick wandert an seiner Kleidung herunter.
Zwar sind immer noch einzelne vertrocknete Blutflecken auf dem Hemd erkennbar, doch durch die Risse sind keine Wunden mehr sichtbar, genauso wie die Platzwunde an der Stirn verschwunden ist. Nicht mal eine Narbe ist zu sehen.
An seinem Arm ist ebenfalls nichts mehr von einem Bruch zu erkennen.



RAJNISH:
(heftig)
„Ich war bloß... überrumpelt. Wirklich.“

Langsam verschwinden die Bedenken in seinem Gesicht um Wut Platz zu machen.

RAJNISH:
„...Aber jetzt bereue ich es, sie durch dieses Zaudern nicht getötet zu haben. Wobei... “
(er blickt fragend in die Ecke aus welcher die Stimme kommt)
„ Im Wald hast DU mich eigentlich daran gehindert! Und nachher, kurz bevor die zwei Frauen aufgetaucht sind, war es auch nicht ernst gemeint. Warum? Sie hat doch nur gestört und falls an dieser Prophezeiung doch etwas Wahres dran ist, wäre das eine gut Gelegenheit gewesen, sich ihrer zu entledigen!“

STIMME:
„Du hättest es nicht geschafft, sie zu töten...“

RAJNISH:
(auffahrend)
„Ich werde doch wohl noch mit einer...“
(verächtlich)
„...Friedenspredigerin fertig werden!“

STIMME:
„Es ist nicht irgendeine Friedenspredigerin; es ist DIE Botschafterin Elis, Tochter der wohl
besten Kriegerin. Sie kann sehr gut kämpfen, ob sie es tun würde, ist eine andere Frage. Aber
das ist nicht das Problem; das Problem ist, sie IST Evrana. Sie steht derzeitig unter Krishnas
und Elis Schutz und ist deswegen vorübergehend unverletzbar. Auch wenn sie das selber
nicht weiß.“



- Ausblendung -




Disclaimer

Die Interpretation einer Prophezeiung ist keine einfache Angelegenheit. Sie erfordert eine 10-jährige Ausbildung mit anschliessend 6 Jahre Praktika. Erfolg nicht garantiert.