Einleitung: Unterwegs in Indien
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STEPPE, BEI EINEM BACH -- MITTAG

XENA:
(mit einem leicht verträumten Blick)
„Ich freue mich so darauf, Eve wieder zu sehen.“

Gabrielle blickt kurz ihre Freundin an und lächelt.



GABRIELLE:
„Ja, ich freue mich auch. Kaum zu glauben, dass es bereits über ein Jahr her ist, seit sie
Griechenland verlassen hatte, um im Osten zu predigen...“

Die Sonne brennt vom wolkenlosen Himmel herunter und wird bald ihren Höchststand erreichen. Eine leichte Brise weht über die karge Landschaft.

Xena steht auf und blickt mit zusammengekniffenen Augen zur Sonne.

XENA:

„Wenn wir jetzt weitergehen und keine weitere Rast einlegen, werden wir den Indus wohl
am späten Nachmittag erreichen.“

Ihre Freundin nickt und wirkt in Erinnerungen versunken.

GABRIELLE:
(leise; zu sich)
„...den Indus...“

Langsam beginnt sie die Wasserflasche und die restlichen Esswaren zu versorgen.


- Schnitt zu: -

EIN DORF BEIM INDUS-TAL -- ZUR SELBEN ZEIT

Eve steht auf dem Dorfplatz auf einer umgedrehten Holzkiste, die ihr als Podest dient. Um sie herum versammeln sich Schaulustige und blicken gespannt zu ihr hoch. Sie erwarten irgendeine Darbietung, eine Geschichte oder ein Kunststück.

Eves Haltung ist gerade, den Kopf hoch gehalten, die Hände beieinander. Sie schaut friedfertig drein. Niemand, der Eli vertritt, soll einen aggressiven Eindruck machen. Als sich gut zwei dutzend Leute um sie versammelt haben, erhebt sie ihre Stimme.

EVE:

„Hört mich an! Ich möchte euch von Eli erzählen und seiner Lehre!“

Drei Leute schütteln leicht den Kopf und gehen weg. Eve schaut ihnen nach, nicht allzu sehr überrascht.

Dann konzentriert sie sich wieder auf die Umstehenden.

FRAU 1:
„Eli? Diesen Namen habe ich schon mal gehört. War er nicht so eine Art Devi?“

EVE:
„Eli besaß die Gabe des Heilens, ja. Aber er war ein Mensch aus Fleisch und Blut. Ein Sterblicher.
Ein Mensch wie ihr. Und genau DAS ist es, was seine Mission so wichtig, so besonders machte.“

(kurze Pause)
„Eli berichtete uns vor vielen Jahren von der einzigen Waffe, die wir gebrauchen sollen. Eine Waffe,
die mächtiger als alle anderen ist; eine Waffe, der niemand widerstehen kann...“


Erwartungsvolle Gesichter blicken sie an.

EVE:
„Ich weiß, etliche von euch denken jetzt an irgendeine magische Waffe, beispielsweise
einen verzauberten Bogen, eine unzerstörbare Rüstung, ein steine-durchschneidender
Dolch... Und ich weiß, bei meinen nächsten Worten wird sich eure Erwartung bei vielen
in Zweifel und ungläubigen, ja kritischen Blicken umwandeln. Wäre ich in Griechenland
oder im römischen Reich, wäre es vorwiegend Enttäuschung und Spott. Das ist etwas, das
ich nicht grundsätzlich ändern kann. Aber ich werde versuchen, euch von der Wahrheit
meiner Worte zu überzeugen, euch umzustimmen.“

(kurze Pause)
„Die Waffe an welche ich denke... Liebe.
Selbstlose, reine Liebe. Die Liebe ist der Weg!“

Irgendjemand kichert.

MANN 1:
(mürrisch)
„Wie um alles in der Welt willst du einen Krieger, der auf der dunklen Seite steht, durch
Liebe vom Töten abhalten?“

Einige Leute murmeln unruhig

MANN 2:
(missmutig)

„Ja! Wie willst du ein Heer mit Liebe besiegen? Ich weiß wie: Gar nicht.“

Ein zustimmendes Gemurmel erhebt sich und Eve spürt wie sich die Stimmung anspannt. Verwirrt runzelt sie die Stirn.
Aber sie muss Ruhe bewahren. Sie versucht erneut fortzufahren.

EVE:
(ohne auf das Gemurmel zu hören)
„Ein Mensch kann, auch wenn er noch so böse ist, durch Liebe gerettet werden. Ich...“

Weiter kommt sie nicht. Ihre Stimme geht unter, im Durcheinanderrufen, das sich inzwischen aus dem Gemurmel entwickelt hat.

Sie versucht, sich Gehör zu verschaffen, um wenigstens herauszufinden, weshalb die Leute so heftig reagieren, aber niemand hört ihr zu.

FRAU 2:
(verächtlich)
„Geh weg, Friedenspredigerin. Deinesgleichen haben uns noch nie viel gebracht. Wenn
ein Krieger kommt, kannst du doch nichts gegen ihn tun!“


MANN 3:
(giftig)
„Genau! Oder willst du ihn etwa mit deinem Geschwätz zu Tode reden?“

Auch die anderen Leute beginnen nun, sie zu beschimpfen. Und die Blicke, die zuvor 'nur' spöttisch und verächtlich gewesen waren, haben nun einen zornigen und wütenden Ausdruck angenommen.

Es ist klar, dass sich ihr Groll nicht wirklich auf Eve bezieht, sondern die Einwohner in ihr, einer dahergelaufenen Fremden, einfach das ideale Opfer sehen um die aufgestaute Aggression loszuwerden, woher auch immer diese stammt.

Und zwar gründlich, denn die Friedenspredigerin bemerkt plötzlich Stöcke in den Händen einiger Dorfleute und die Angriffslust in deren Augen.
Ihr wird bewusst, dass sie sich in einer äußerst unangenehmen Lage befindet. Nervös sieht sie sich um, während der Kreis der aufgebrachten Menge um sie immer enger wird.


- Schnitt zu: -

UFERN DES INDUS; EIN HEERLAGER

Zirka 50 Männer befinden sich in oder um die rund 15 Zelte. Es herrscht ein geschäftiges Treiben. Einige sitzen vor ihrem Zelt und schleifen ihre Waffen. Andere führen übungshalber Kämpfe untereinander aus. Wieder andere sind dabei, ihre Rüstungen zu polieren. Es gibt auch einige, die sich mit Würfel- oder Gesellschaftsspiele vergnügen.

Das Zelt des Anführers ist sichtbar gekennzeichnet durch seinen Platz im Mittelpunkt des Lagers und seine Größe.
Sein Bewohner schlendert zwischen den Zelten herum und bleibt dann und wann stehen, um einem der Übungskämpfe zuzusehen. Er ist sichtlich zufrieden.

Ein bösartiges Grinsen erscheint auf seinem Gesicht und in seinen Augen ist grausame Schadenfreude zu erkennen.



- Schnitt zu: -

DORFRAND/WALD

Eve rennt. Sie rennt, so schnell sie kann. Hinter sich hört sie die teils erstaunten, teils erbosten Rufe der Dorfbewohner.

Nachdenklich blickt sie zurück, während sie ihr Tempo verlangsamt und ihr Herzschlag, der natürlich merklich gestiegen ist, wieder normal wird.
Sie bleibt stehen und schaut immer noch nachdenklich zurück, entscheidet sich aber dann offensichtlich, weiterzugehen.


- Schnitt -

WALDLICHTUNG, AM UFER DES INDUS -- NACHMITTAG

Eve hat sich auf einer kleinen Lichtung niedergelassen.

Auf einmal taucht ein Mann aus dem Wald auf.
Er sieht sehr erschöpft aus und auf seinem Gesicht liegt pure Verzweiflung. Als er Eve erblickt, stockt sein Schritt. Ein Hoffnungsschimmer erscheint in seinen Augen. Rasch nähert er sich ihr und schaut sie dabei prüfend an. Dann sieht er sich um. Langsam zeigt sich auf seinem Gesicht eine unendliche Erleichterung.

MANN:
(atemlos)
„Krishna sei Dank, endlich habe ich Euch gefunden! Ich hatte schon fast die Hoffnung
aufgegeben... Ich wurde ausgesandt, um Euch zu suchen. Oh bitte, Ihr müsst uns
helfen, göttliche Evrana!“

Er fällt vor Eve auf die Knie und verneigt sich ehrfürchtig.



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