Kapitel 2: Beratung
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STADT, HAUS -- ZUR SELBEN ZEIT

XENA:
„Ein Kriegsherr. Natürlich. Die Burschen gibt es ja aber auch überall.“

Die Frau, die ihr gegenüber sitzt, schüttelt den Kopf.

FRAU:

„Hier im Indus-Tal gibt es seit mehreren hundert Jahren keine Kriege, im Gegensatz
zum vielen anderen Gebieten Indiens. Wir betreiben friedlichen Handel mit benachbarten
Völkern.
Rajnish ist der erst Kriegsherr seit...“

Sie stockt und schien zu erwägen, etwas Bestimmtes zu sagen, entscheidet sich aber dann offensichtlich dagegen.

FRAU:
... seit langer Zeit. Das ist wohl auch einer der Hauptgründe warum wir so... nervös sind,
es ist einfach... so... ungewohnt... So... beängstigend...“

Xena und Gabrielle schauen sich an.

GABRIELLE:


(wieder die Frau anschauend; langsam, nachdenklich)
„Ananda... Habt ihr in der Stadt etwas Besonderes, was dieser Rajnish wollen könnte?“

Ananda schüttelt den Kopf.

ANANDA:
„Nein, nicht das wir wüssten. Außerdem haben wir bereits versucht mit ihm zu verhandeln
und... haben jemanden geschickt. Er kam sogar lebend zurück, aber...“

Sie schließt die Augen und atmet tief durch. Grauen erscheint auf ihrem Gesicht, bei der Erinnerung an das Gesehene.

ANANDA:
„...Er... Ich befand mich zufällig in der Nähe des Stadttores und... Wir hatten schon
befürchtet, er würde gar nicht mehr kommen, am frühen Morgen war er losgegangen
und als er zurückkam war es später Abend...“

(ihre Stimme wird immer leiser)
„Sie haben ihm die Hände abgehackt und ihn geblendet...“

Sie erschauert.

ANANDA:

„Er will nichts, kein Gold oder so... Er hat gesagt, wir sollen uns den Namen Rajnish
schon mal merken und dass er unsere Stadt dem Erdboden gleich machen wird... Der Bote
ist bald danach an den Verletzungen gestorben...“

Gabrielle schaut zu Boden und Xena schneidet eine unglückliche Grimasse.

XENA:
(nach einer Weile; hart)
„Und... was wollt ihr jetzt machen? Dieser Rajnish scheint ja ein ganz übler Bursche zu
sein und ich zweifle nicht daran, dass er es ernst meint.“


ANANDA
„Was sollen wir schon machen? Wir haben lange in Frieden gelebt, es gibt hier keine
Krieger. Und er ist sowieso...“

(zögert)
„... unbesiegbar...“



XENA:
„Unbesiegbar? Kaum. Hat er denn schon außerhalb des Indus-Tals derart viel Schaden
angerichtet, dass er als unschlagbar erscheinen könnte?“


ANANDA:
„Nein, der Angriff auf diese Stadt wird sein erster, aber... Eigentlich haben wir den
Boten nur geschickt, um zu erfahren, warum Rajnish den Angriff auf unsere Stadt machen
wollte, wegen dem Angriff selber sind wir zwar schon nervös, aber... Es gibt da eine
Prophezeiung die besagt, dass er von Evrana besiegt werden wird.“


GABRIELLE:
„Evrana? Wer ist denn Evrana?“

ANANDA:

„Evrana ist die Einzige, die Rajnish aufhalten kann.“

GABRIELLE:
„Wenn das Heer tatsächlich so schlimm ist wie ihr befürchtet, müsste Evrana ja fast eine
Göttin sein um es zu besiegen.“


ANANDA:
„Wir dachten, sie sei vielleicht die Anführerin eines Heeres, das Rajnish' Heer bekämpfen
könne. Die Prophezeiung gibt sogar Hinweise, über ihr Aussehen und ihren Aufenthaltsort.
Wir haben vor einer Woche mehrere Leute ausgeschickt, die sie finden sollen. Bis auf einer
sind alle zurückgekehrt, leider erfolglos. Die Hoffnung liegt nun auf diesem letzten. Kamal
sollte heut Abend zurück sein.“


XENA:
„Moment mal, verstehe ich das richtig? Ihr unternehmt nichts, keine Verteidigung,
nicht mal Flucht, hofft einzig auf eine... Figur aus einer Prophezeiung?!“

Sie runzelt die Stirn und als sie fortfährt, hat ihre Stimme einen leicht ironischen Unterton.



XENA:
(hart)
„Wenn diese Prophezeite sowieso alles regeln wird, wieso macht ihr euch dann
irgendwelche Sorgen?“

Die Kriegerprinzessin schüttelt den Kopf.

ANANDA:
„Was sollen wir denn tun? Wir haben keine Krieger.“ (zuversichtlich)
Kamal wird die Prophezeite finden. Evrana wird uns helfen...“


GABRIELLE:
„...Oder auch nicht. Was, wenn er sie NICHT findet?“

ANANDA:
(leise)
„...Dann seien uns die Götter gnädig.“

Die beiden Kriegerinnen tauschen einen Blick aus. Ananda steht auf und widmet sich der Vorbereitung des Abendessens.

XENA:
(leise, zu Gabrielle)
„Das sieht nach Arbeit aus. Aber wenn uns die Einwohner nicht helfen, können wir schlecht
allein gegen eine Armee kämpfen.“




GABRIELLE:
(ebenfalls leise, kurzes Lächeln)
„Warum nicht, du hast es doch auch schon geschafft.“
(wieder ernst, nachdenklich)
„Vielleicht... vielleicht sollten wir warten, bis dieser Kamal zurückkommt, vielleicht bringt
er diese Evrana tatsächlich mit. Und... auch wenn wir den genauen Wortlaut der
Prophezeiung nicht kennen... Prophezeiungen haben in der Regel einen wahren Kern.“

(kurze Pause, leiser)
„...Das haben wir ja vor nicht allzu langem wieder mal erfahren können...“

Xena nickt langsam.

XENA:
„Ja, die Ajogun...
Vielleicht bin ich ja wirklich zu skeptisch, vielleicht gibt es diese Evrana tatsächlich, aber...“

Sie schaut unüberzeugt drein.

XENA:
(laut, zu Ananda)
„Wo wird denn Kamal hingehen, wenn er angekommen ist? Gibt es hier irgendwelche
Menschen, die die Stadt leiten, Anführer?“


ANANDA:

„Er wird in das Gemeindehaus gehen. Dort sind die Anführer der Stadt bereits versammelt.
Nachdem Kamal dem Volk von seinem Erfolg oder Misserfolg berichtet hat, werden sie
sich da beraten.“


GABRIELLE:
„Kannst du uns nach dem Essen hinführen?“

Ananda schaut sie etwas verwundert an, aber sie nickt.

ANANDA:
„Wenn ihr wollt... Ich wollte sowieso auch hin, mein Bruder befindet sich dort.“


- Schnitt zu: -

WALDLICHTUNG

Nachdem Eve fertig gegessen hat, steht sie auf und packt ihre Sachen zusammen.

EVE:
„Es freut mich, mit dir Bekanntschaft gemacht zu haben. Ich werde jetzt weiterziehen.
Vielleicht können wir ein Stück zusammen gehen, wenn du keine Eile hast.“


Die Frau steht jetzt ebenfalls auf.

FRAU:
„Bis zur nächsten Stadt ist es zu Fuß fast ein Tagesmarsch. Ich schlage vor, du steigst
hinter mir aufs Pferd, dann geht es wesentlich schneller. Willst du?“

EVE:
(überlegend)
„Eigentlich habe ich es ja nicht eilig, ich habe genug Proviant...“
(im Blick der Frau liegt nun etwas durchdringliches - Eve zögert kurz)
„Aber... gerne, wenn es dir keine Umstände macht.“

Lächelnd geht die Frau zum Pferd, setzt sich mit einem Schwung auf und bietet Eve die Hand an. Eve ergreift sie und einen Moment später sitzt sie hinter der Frau. Diese nimmt die Zügel in die Hand und sie reiten in den Wald hinein.


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STADT -- FRÜHER ABEND

Je näher Xena, Gabrielle und Ananda dem Versammlungshaus in der Mitte der Stadt kommen, desto mehr Menschen stehen auf der Straße, in Zweier-, Dreier-, Vierergruppen und diskutieren. Mal lauter, mal leiser. Stimmengewirr erfüllt die Luft. Ein paar Mal wird Ananda begrüßt -sie scheint einen nicht geringen Bekanntheitsgrad zu haben- während ihren beiden Begleiterinnen neugierige Blicke zugeworfen werden; der eine oder andere erkennt sie wohl auch wieder vom Vorfall am Nachmittag obwohl die Kriegerinnen jetzt indische Kleider tragen: Xena ein dunkelgrünes Kleid, das ihr bis oberhalb der Knie reicht und darunter eine weit Hose der gleichen Farbe. Über ihrer linken Schulter hängt ein violettes Tuch, das vom Gurt an den Körper befestigt wird. Bis auf einige Verzierungen am Kleid trägt sie keinen Schmuck.
Im Gegensatz dazu hat es Gabrielle bei einem orangefarbenem, mit Mustern verziertem Tuch, welches als Rock um ihre Hüfte gewickelt ist und einem leicht hellerem Tuch über ihrer linken Schulter, das ebenfalls von einem Gürtel befestigt wird, belassen, so dass man noch Teile ihrer üblichen Bekleidung, beziehungsweise des Oberteils sehen kann. Sie trägt ebenfalls keinen Schmuck.

Im Allgemeinen ist die Stimmung der Leute bedrückt. Nicht so, wie die, als Xena und Gabrielle angekommen waren, sondern einfach nur noch niedergeschlagen, entmutigt.
Es dauert nicht lange, bis die drei den Grund herausgefunden haben: Kamal ist zurückgekehrt. Ohne Evrana.


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STADT, GEMEINDEHAUS -- KURZ DANACH

Ananda, Xena und Gabrielle betreten den Hauptraum. Mitten im Raum sitzen elf Männer auf dem Boden im Kreis.

Die Männer haben das Eintreten der Frauen bemerkt. Sie unterbrechen ihr Gespräch und blicken sie an.

MANN:
„...Ihr sollt doch draußen bleiben bis... Ananda!“

Einer der jüngeren Männer steht auf und geht auf sie zu.

JUNGER MANN:
„Schwester? Was machst du hier? Und wen bringst du da mit?“

Neugierig schaut er die Fremden an.

ANANDA:
„Sie kommen aus Griechenland und wollen hier in Indien jemanden besuchen.“

JUNGER MANN:
(zu Xena und Gabrielle)

„Willkommen. Aber ihr solltet eigentlich schleunigst wieder weg von hier...“ (zu Ananda)
„...du hast ihnen doch erzählt, was hier passiert, oder? Warum hast du sie hierher gebracht?
Du weißt doch, wir sind am Beraten...“




XENA:
„Ananda hat uns erzählt, dass ein Kriegsherr die Stadt bedroht. Und wir sind hier, weil
wir vielleicht helfen können.“

Etwas unsicher blickt der Mann Ananda an und als diese nickt meint er:

JUNGER MANN:
„Na dann, wenn du meinst... kommt...“

Mit raschen Schritten geht er zu den Männern zurück, die bloß schweigend zugehört haben und jetzt etwas beiseite rutschten, um Platz für die Neuankömmlinge zu machen.

Ananda, Xena und Gabrielle gesellen sich zu ihnen und setzen sich ebenfalls.

JUNGER MANN:

„Ich habe mich ja noch gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Madhukar und ich bin
Anandas Bruder, wie ihr wohl schon bemerkt habt.“

Die anderen Männer murmeln ebenfalls einen Gruß und nennen kurz ihre Namen.
Eine kurze Stille entsteht. Dann räuspert sich einer der Männer.

MANN:
„Du warst doch gerade im Begriff etwas zu sagen, Abhay...“

ABHAY:
(nickt)
„Ich wollte Kamal fragen...
(er wendet sich zu Kamal)
... du hast gesagt, die Frau könne nicht Evrana gewesen sein, weil sie keine Waffen gehabt
hätte und sie eine Friedenspredigerin sei. Hat sie ausdrücklich gesagt, sie könne
nichts machen?“




KAMAL:
„Ja. Na ja...“
(etwas zögernd)
„Sie hat vorgeschlagen, mit Rajnish zu reden. Aber wir haben doch bereits gesehen, dass
er nicht mit sich reden lässt.“


ABHAY:
„Vielleicht ist sie rethorisch begabt oder so... Ich meine...“

Ein anderer Mann fällt ihm ins Wort.

MANN:
„Ich weiß, dass du verzweifelt bist, das sind wir alle hier. Aber eine Elianerin bringt
uns nun wirklich nicht weiter.“


XENA:
(nach einem Blickwechsel mit Gabrielle)

„Elianerin?“

Die Männer nicken.

KAMAL:
„Eve, eine ziemlich bekannte Frau unter den Anhängern des Eli-Kultes.
Wieso?“

Xena zögert einen Augenblick.

XENA:
„Wir kennen sie, wegen ihr sind wir hier. Aber ich glaube auch nicht, dass sie euch helfen könnte.
Sie... kämpft nicht.“


KAMAL:
„Genau das hat sie gesagt.“

MADHUKAR:
(interessiert)
„Ihr kennt sie? Die Elianer in der Stadt erwarnten sie in den nächsten Tagen. Die Nachricht,
dass sie vom Süden her dem Indus entlang kommt hat sich untern den Anhänger von
Elis Lehre rasch verbreitet.“




GABRIELLE:
(leise, zu Xena)
„Oh nein. Doch nicht ausgerechnet in dieser Situation.“

Xena schaut besorgt drein und nickt langsam.

XENA:
„Ich hoffe vor allem, dass sie nicht auf Rajnish' Männer stößt. Dass sie es sich nach der
Begegnung mit Kamal anders überlegt hat und zunächst erst einmal woanders
hingegangen ist...“



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AM INDUS; WEG

Eve reitet mit der Frau dem Weg entlang.
Möglicherweise ist die Frau in Eile, sie lässt jedenfalls das Pferd galoppieren...


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AM INDUS, WEGGABELUNG -- WENIG SPÄTER

Die Frau zügelt das Pferd.

FRAU:
„So, dadurch dass wir so schnell geritten sind, jetzt ist es wirklich kaum mehr weit. Steig ab, ich
muss in eine andere Richtung. Du gehst einfach geradeaus, dem Weg nach, dann kannst du die
Stadt locker, noch bevor die Sonne untergeht, erreichen. Und der Fluss ist ja in der Nähe.“

Eve steigt ab.

EVE:
„Danke.“



FRAU:
(sanft)
„Gern geschehen, Eve. Vertraue stets auf dein Herz. Ich wünsche dir eine gute Weiterreise.“

EVE:
„Gleichfalls.“

FRAU:
„Viel Glück.“

Elis Botschafterin schaut zu, wie die Frau das Pferd nach rechts wendet und so den Weg nahm, der vom Indus wegführte. Der Anmut mit welchem die Frau reitet und die Eleganz des Pferdes sind geradezu bewundernswert.

EVE:
(verwundert, zu sich)
„'Viel Glück'? Wobei denn? 'Vertraue stets auf dein Herz'?“

In ihrem Blick ist Verwirrung zu erkennen und sie wirkt nachdenklich, schüttelt dann aber leicht den Kopf folgt dem Weg.



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