Kapitel 4: Leiche gefunden
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EIN EINFACHER RAUM, SPÄRLICH MÖBILIERT

JOSCA:
„Im Katalog sind alle Schriftstücke aufgeführt. Er enthält Angaben zu In'alt,
Erwerbsdatum und Anzahl der Exemplare. In der Tat sind weniger vorhanden, als es
eigentlich sein müssten. Allein im Lesesaal fehlt eine beträchtliche Anzahl.“


XENA:
„Richtig bemerkt.“

JOSCA:
„Wir beschäftigen uns aber nicht mit ein paar unbedeutenden Diebstählen
von Studenten, oder?“


XENA:

„Nahezu der gesamte Präsenzbestand hier besteht fast nur noch aus Kopien.
Die Originale sind verschwunden, wir wissen nicht auf welchem Wege.“


JOSCA:
„...und da der Bestand bereits um die 700'000 beträgt...“

XENA:
„...ist es nicht mehr möglich, den Überblick zu behalten, was sich die Übeltäter
auch zunutze gemacht haben...“



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BIBLIOTHEK, HAUPTPFORTE -- NÄCHSTER MORGEN

Ben-Ha steht neben einer kleinen Bank und zupft Unkraut aus dem Mauerwerk.
Gopala lehnt mit einem Arm gegen die Mauer gestützt, mit der freien Hand fährt er sich unter der Nase entlang.

GOPALA:
„Heute morgen, wurde im Hafen eine Leiche angeschwemmt.
Nun rate mal, um wen es sich handelt.“


BEN-HA:
„Jemand, den ich kenne?“

GOPALA:
(nickt)

„Gestern noch in der Bibliothek und heute schon als Fischfutter im Nil. Die Krokodile
fanden sie wohl ungenießbar - deshalb konnten wir sie so schnell identifizieren.“


BEN-HA:
(wird blass)
„Sie!?!“
(fällt auf die Bank)

GOPALA:
„Ja, die Leiche.“


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UNTERWEGS ZUR POLIZEIPRÄFEKTUR

Gopala und Ben-Ha schreiten durch die Strassen.

GOPALA:
„Seit wann hielt sich Gabrielle hier in Alexandria auf?“

BEN-HA:
(zuckt zusammen)

„Ich - ich weiß nicht genau. Vor ungefähr einer Woche hat sie sich bei mir vorgestellt.“

GOPALA:
„Und was führte sie in die Bibliothek?“

BEN-HA:
„Ihre Studien.“

Sie haben die Polizeipräfektur erreicht und betreten sie.

GOPALA:

„Sie kam also mir nichts dir nichts in die Bibliothek geschneit und hat gefragt, ob
sie die Einrichtung nutzen kann.“

(ironisch)
„Klingt reichlich seltsam für meine Ohren. Da steckt doch sicher mehr dahinter.
Wer hat sie empfohlen?“

Ben-Ha schweigt.

GOPALA:
„Hm“

BEN-HA:

„Zu uns kommen viele internationale Gelehrte. Sänger, auf der Suche nach
Inspiration. Junge Adelige, um ihre Bildung zu vervollkommnen. Darunter
auch einige Frauen - ja. Das ist schließlich kein Verbrechen.“


GOPALA:
„Für sich genommen nicht. Aber nun haben wir eine Leiche - und sie kommt aus deiner
Bibliothek. Also raus mit der Sprache. Was hat es mit den Unmengen an Schriftrollen
auf ihrem Tisch auf sich?“


BEN-HA:
„Ich war mit ihrer Arbeit nicht vertraut.“

GOPALA:
(süffisant)
„So, warst du nicht.“
(mit gekränktem Stolz in der Stimme)
„Sie hat mich ganz schön an der Nase herumgeführt, mit all dem Honig, den sie mir
um meinen nicht vorhandenen Bart geschmiert hat.“


(geht zum Tisch und hält ein Dokument hoch)
„Aber warum habe ich hier wohl eine Aufstellung der Schriftstücke, die ihr zur
Verfügung gestellt wurden?“


BEN-HA:
(greift nach dem Papyrus, doch Gopala zieht es schnell zurück)
„Ich kann nicht sagen, ob die Angaben stimmen, wenn ich sie nicht überprüfen darf.“

GOPALA:
„Du gibst also zu, dass so eine Zusammenstellung existiert?“

BEN-HA:
„Ich habe nichts zuzugeben.“
(nach einer Pause)
„Und ich habe nichts zu verbergen.“

GOPALA:
„Du machst wohl auf harte Nuss. Aber eines will ich dir sagen, Gopala ist nicht so einfältig
wie du denkst. Hinter dieser Stirn...“

(tippt demonstrativ dagegen)
„...arbeiten die kleinen grauen Zellen äußerst präzise.“

BEN-HA:
„Ich sollte eine Leiche identifizieren. Dazu bin ich bereit. Dieses Verhör, oder was immer
es auch sein mag, ist zu Ende.“

(fordernd)
„Kann ich sie jetzt sehen?“

GOPALA:
„Aber sicher. Folge mir - ich muss dich warnen, sie bietet keinen schönen Anblick.“

BEN-HA:

„Bringen wir es hinter uns.“


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ALEXANDRIA

Josca hetzt durch die verwinkelten Gassen von Alexandria. Unterwegs hält er mehrmals an und spricht mit unterschiedlichen Leuten, die alle den Kopf schütteln. Auch in der Teestube, die er regelmäßig aufsucht, scheint er mit seinem Anliegen keinen Erfolg zu haben.


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POLIZEIPRÄFEKTUR

Gopala und Ben-Ha durchschreiten einen nur mäßig beleuchteten Gang.


GOPALA:
„Ich habe mich übrigens schlau gemacht. Alexandrias Bibliothek beherbergt die größte
Sammlung an Berichten über die sagenhaften Amazonen. Und ganz zufällig sucht
Potiphar, der Chef der Leibgarde des Pharao nach einer.“


(wirft einen forschenden Seitenblick auf Ben-Ha, dessen Gesicht völlig versteinert ist)
„Und noch viel zufälliger hatte ich gestern das Vergnügen, mit der Amazonenkönigin
höchstselbst einen Becher Wein zu leeren.“


BEN-HA:
(bleibt abrupt stehen)
„Du weißt davon?“

GOPALA:
„Ich habe es die ganze Zeit gewusst. Du hättest mir durchaus mehr vertrauen
können - aber nun ist es leider zu spät.“



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ALEXANDRIA; EINE VORNEHME RESIDENZ, EINE FEIER

Bahrija tritt mit einem Getränk in der Hand zu einem wie unbeteiligt herumstehenden
Mann.

BAHRIJA:
„Im Hafen sind neue Schiffe gelandet. Sage dem Hafenmeister, er soll vom Reedemeister
die Namen der Kapitäne erfragen. Und wir brauchen noch eine weitere Kiste.“


YEMAHA:
„Soll ich ihm sagen, er soll sie durchsuchen lassen, wie üblich?“

BAHRIJA:
„Nein, ich will diesmal nur die Namen und Liegeplätze.“

YEMAHA:
„Gut, wie du befiehlst.“


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PRÄFEKTUR

GOPALA:
„Wir sind da.“

BEN-HA:
„Die Amazonen waren immer ein stolzes, selbstbewusstes Volk, dem meine ganze
Bewunderung gehört. Es ist unsere Aufgabe, die Erinnerung an deren Kultur zu
bewahren. Ob man sich ihre Lebensweise zu eigen macht, oder nicht, hat keine Bedeutung.
Es sind die künftigen Generationen, deren Interessen wir vertreten. Sie haben ein Recht
zu erfahren, dass es viele Arten gibt, wie man sein Leben leben kann.“


GOPALA:
„Mir brauchst du keine Vorträge zu halten. Ich unterstütze dein Engagement voll und
ganz. Auch wenn ich persönlich mit der Art und Weise, wie das Wissen zusammengetragen
wird, nicht einverstanden bin.“


BEN-HA:

„Wie meinst du das?“

GOPALA:
„Muss ich wirklich ins Detail gehen?“

Ben-Ha schaut den Präfekten völlig verständnislos an.


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IN EINER ABGESCHIEDENEN SEITENGASSE



XENA:
(schüttelt Josca)
„Du lässt kostbare Zeit vergehen, bevor du mich informierst?
Du hättest mir sofort Bescheid sagen müssen...“


JOSCA:
„Ich 'abe es ja auch erst gerade gemerkt. Und ich 'abe dich überall gesucht, überall nach
dir gefragt, überall eine Nachricht hinterlassen...“


XENA:
(richtet seine Kleidung wieder her)



„Entschuldige. Wer hat sie zuletzt gesehen?“

JOSCA:
„Ben-Ha, soweit ich weiß... aber er ist auch nirgends zu finden.“

XENA:
„Das wird ja immer besser. “
(kurze Pause)
„Es tut mir leid, wie ich mich aufgeführt habe. Aber das ist das Schlimmste, was
mir passieren kann. Nicht auszudenken, wenn sie verschwunden bleibt, oder ihr
etwas zugestoßen wäre.“



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PRÄFEKTUR

GOPALA:
„In letzter Zeit häufen sich die Beschwerden von Kapitänen, dass ihre Schiffe besetzt
und durchsucht werden. Selbst vor der persönlichen Habe der Passagiere wird nicht
Halt gemacht.“


(macht eine kunstvolle Pause)
„Alles, was an schriftlichen Aufzeichnungen gefunden wird, landet in dunklen Kanälen.
Um es klar und deutlich auszudrücken: Deine Bibliothekare sind Räuber.“


BEN-HA:
(greift sich entsetzt an den Hals)
„Was sagst du da?“

GOPALA:
„Die Bibliothek von Alexandria ist der Hort organisierten Verbrechens. Und die Leiche,
die wir hier haben...“

(reißt die Decke von dem toten Körper)
„...ist ganz sicher nicht das letzte Opfer.“

Nur zögernd folgt Ben-Has Blick der schnellen Bewegung von Gopala.



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Disclaimer

Bei der Produktion dieser Folge kamen einige Schriftrollen zu Schaden.