Kapitel 2: Der Weg nach Athen
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Xena holt Gabrielle schnell wieder ein. Irgendwie erscheint es ihr als wäre Gabrielle etwas unsicher auf dem Pferd. Das könnte aber auch an dieser merkwürdigen Nacht liegen, die sie hinter sich haben. Sie stoppt Argo vor Gabrielles Pferd und bringt dieses ebenfalls zum Anhalten. Dann deutet sie mit der Hand schräg hinter Gabrielle.

XENA:
(etwas verwundert)
„Ähm Gabrielle... wir müssen... da lang.
Ich glaube nicht, dass wir wieder zurück wollen.“

(kurze Pause)
„Hey, willst du mir nicht erzählen, was los ist? Dich bedrückt doch was.“

Sven/Gabrielle lässt die Zügel wieder lockerer und macht wohl ein etwas bedrücktes Gesicht.
Was soll er ihr jetzt sagen? Die Wahrheit? Aber das wird sie eh nicht glauben, zumal er selber nicht weiß, wie das hier passieren konnte. Obwohl er sich eingestehen muss, dass er sich gar nicht so unwohl fühlt.

SVEN/GABRIELLE:
„Es ist merkwürdig, ich weiß selber nicht, was los ist. Aber irgendetwas
Seltsames ist passiert, frage mich nicht was.“

Verlegen zuckt er mit den Schultern. Er dreht sein Pferd in die von Xena angegebene Richtung und reitet voran. Xena tut es ihm gleich und reitet neben Gabrielle auf gleicher Höhe, weiter. Sie sind unterwegs in Richtung Athen, die Passstraßen entlang hinunter ins Tal. Sie müssen nur immer wieder darauf achten, dass das lose Gestein des Weges sie nicht ins Rutschen bringt.

So vergehen etliche Stunden bis Xena und Gabrielle am Fuße des Berges angekommen sind. Nur noch einen kleinen Wald müssen sie durchqueren, um ihrem Ziel näher zu kommen. Zum Glück unterhalten sie sich nur über belanglose Sachen, wo Sven sich immer wieder herausreden kann, ohne zu sehr aufzufallen.
Kaum sind sie im Wald angekommen, als etwas die Ruhe stört. Zunächst weiß er nicht was es ist. Ein eigenartiges Fiepen, das von hinten zu kommen scheint. Erschrocken dreht er sich im Sattel um und versucht herauszubekommen, was das ist. Sein Blick fällt auf die Satteltasche und ein Verdacht keimt in ihm auf, der eigentlich nicht sein darf, nein nicht sein kann. Das Blut schießt ihm in den Kopf, als er es realisiert. Er hält das Pferd an und steigt vorsichtig ab, um nicht wieder in den Steigbügeln hängen zu bleiben wie damals bei seiner ersten Reitstunde. Das war damals mehr als peinlich gewesen, aber Lehrgeld muss wohl jeder zahlen.
Er öffnet die Satteltasche, aus der das schrille Fiepen kommt, und greift hinein.

Er glaubt nicht: Was er da in Händen hält... ist sein Handy. Er ist sichtlich peinlich berührt und schaltet es aus. Diese blöde Weckfunktion ist dabei, ihn in eine etwas unangenehme Situation zu bringen. Aber es ist zu spät. Xena ist bereits abgestiegen und steht erstaunt und neugierig hinter Gabrielle.

XENA:
„Was bei allen Göttern ist das denn für ein Ding?“

SVEN/GABRIELLE:
(unsicher und leicht stotternd)
„Das? Ähm also das ist, na ja, eine Art neues Musikinstrument.“

Schnell fällt ihm ein, dass man mit diesen neuen Handys, wie dieses, das es sich kurz vor seinem Urlaub zugelegt hat, nicht nur telefonieren und fotografieren kann, sondern auch Musik abspielen und tippen kann. Schnell ruft er aus dem Speicher ein Midi-File ab und tut so als würde er auf die Tasten tippen.
Aber er hat nicht mit Xenas Neugier und ihrem Interesse an allem Neuen gerechnet.

XENA:
„Hey, ist ja was ganz Neues, gib mal her!“

Sie reißt es Gabrielle aus den Händen bevor er reagieren kann.

SVEN/GABRIELLE:
„Nein, nicht DEN Knopf!!!“

Doch es ist schon zu spät. Ein greller Lichtschein zuckt auf Xena und sie lässt das Handy fallen.

Sie ist ausgerechnet auf die Taste gekommen, die die digitale Kamera auslöst.
Da liegt nun das Handy auf dem Boden und Sven/Gabrielle hebt es schnell auf, damit Xena nicht noch womöglich das Bild sieht, das sie soeben von sich selber gemacht hat. Das würde er wohl nicht mehr erklären können. Schnell packt er es weg und heftet es an den metallenen Gürtel.

XENA:
(noch perplex)
„Bei allen Göttern, was war das denn jetzt? Okay Gabrielle, sag nichts, ich will es auch
gar nicht wissen. Ja pack das nur weit weg.“

Sie steigen wieder beide auf die Pferde und reiten weiter. Der Wald wird wohl hoffentlich bald zu Ende sein.


- Schnitt -

Endlich, nach langer, langer Zeit liegt sie vor ihnen: Athen, diese wundervolle antike Stadt. Antik? Dafür sieht Athen aber recht neu aus, wundert er sich noch, als ihm einfällt, zu welcher Zeit er hier ankommt. Es ist ja nicht das Jahr 2003. Beinahe hätte er sich darüber die Hand an den Kopf geschlagen, dass er das vergessen hat. Natürlich muss die Stadt anders aussehen, als er sie noch am Tag zuvor gesehen und erlebt hat. Gemütlich reiten Xena und Gabrielle in Athen ein, direkt in Richtung des Hafens. Als Sven/Gabrielle erkennt wohin sie reiten, fragt er sich, wohin denn die Reise eigentlich gehen soll.

SVEN/GABRIELLE:
(etwas verdutzt)
„Ähm, wohin wollen wir denn überhaupt? Bitte, bitte sag jetzt nicht, dass wir
ein Schiff nehmen müssen. Das geht nicht...“

Zu mehr kommt er nicht, da Xena zu lachen beginnt, als er diese Frage stellt.

XENA:
„Sag mal Gabrielle, was hast du denn gegen eine kleine Seefahrt? Dir wird doch wohl
nicht schlecht werden, immer noch? Na das müsstest du doch schon längst
überwunden haben.“

Sie setzt sie den Weg zum Hafen fort, um nach einem Schiff Ausschau zu halten, das sie beide an ihr Ziel bringen wird.

XENA:
(murmelt)


„...als ob ich nicht wüsste dass du durch die ganzen Schiffsreisen inzwischen
seefest bist. Versuch mich nicht wieder auf den Arm zu nehmen.“


SVEN/GABRIELLE:
(ruft ihr hinterher)
„Also Erstes, meine Beste: Ja ich werde seekrank und würde dir bestimmt die Reise
vermiesen und zweitens...“


XENA:
„Ja, und zweitens was?“

SVEN/GABRIELLE:
(von sich überzeugt)
„Und zweitens bekommst du bestimmt kein Schiff. Hast du vergessen, dass man in der
Urlaubszeit alles hier vorbuchen muss und keinen freien Platz mehr bekommt?“

Er hätte sich auf sein vorlautes Mundwerk schlagen können. Er hat es immer noch nicht ganz verdaut, dass er nicht mehr in der Zeit ist, in der man für diese Touristendampfer vorbuchen muss.
Xena schaut Gabrielle verwirrt an beschließt sich dann offensichtlich aber, wegen Gabrielles merkwürdiger Verfassung zurzeit nicht weiter auf diese seltsame Bemerkung einzugehen.

Am Hafen angekommen, steigen sie ab. Xena drückt Gabrielle die Zügel von Argo in die Hand.


XENA:
„Warte hier auf mich. Ich werde zusehen, dass ich ein Schiff finde, das uns nach
Rhodos bringen wird. Kann nicht lange dauern... Ach ja Gabrielle, und versuche
nicht in der Zwischenzeit das Fliegen zu erlernen, wir werden mir dem Schiff
fahren, okay?“


SVEN/GABRIELLE:
(fast mit den Gedanken wieder woanders)
„Ja, ja, keine Sorge, ich kann schon auf mich aufpassen.“

Es herrscht reges Treiben hier am Hafen, und ihm wird mal wieder vor Augen geführt, in welcher Zeit er ist.
Sein Blick gleitet über die Hafenanlagen, er sieht all die Lagerhäuser und die Schiffe, die dort liegen. Es ist eine bunte Mischung aus Handelschiffen der unterschiedlichsten Bauart, Galeeren, Kriegsschiffen, sowie eine Unzahl an Fischerbooten. Er setzt sich am Rande eines Kais auf eine Kiste und beobachtet kurz die Fischer, die hier ihre Netze flicken, Fische ausnehmen und abtransportieren, die bunten Boote neu lackieren, und das sogar ohne Mundschutz. Zu der Zeit brauchen sie das noch nicht, weil alles naturbelassen ist.

Als Xena nach einiger Zeit noch nicht zurück ist, wird es ihm doch langweilig. Er nimmt das Handy vom Gürtel ab und betrachtet es gedankenversunken.
Da kommt ihm eine tolle Idee... Das wäre der Knüller aller Zeiten. Fast hätte er gejubelt, da er aber nicht gerade die Aufmerksamkeit all der Leute erregen will, zieht er es vor zu schweigen. Mit einem zufriedenen Lächeln schaltet er das Handy wieder ein, um die Kamera zu aktivieren. Er wird all die Eindrücke, die er hier erlebt, auf Bild festhalten und später gut aufbewahren. Der Hammer.
Digitalbilder vom antiken Griechenland. Dann hätte er wieder einen Knaller, den er auf seiner Xena Fan Homepage präsentieren kann. Als Erstes will er Xena ablichten, aber dies würde nicht leicht werden, denn sie darf es nicht mitbekommen, da sie ja im Wald schlechte Erfahrung damit gemacht hat. Ein breites Grinsen kommt über sein Gesicht, als ihm einfällt wie er ja jetzt aussieht bzw. in wessen Körper er steckt.

Er nimmt die Kamera und hält sie mit weit ausgestrecktem Arm vor sich hin, um sich selbst zu fotografieren. Normalerweise hasst er Fotos von sich, aber dies hier ist ja etwas ganz anderes. Er darf sein Idol „live“ fotografieren. Nachdem er fertig ist, macht er noch ein paar Schnappschüsse vom Hafenpanorama und betrachtet anschließend voller Zufriedenheit die Bilder auf dem kleinen Display.
Es ist ein unbeschreibliches Glücksgefühl als er die Bilder anschaut. Das wird auf der Homepage echt der Knüller werden. Okay, er muss sich eingestehen, dass ihm eh niemand glauben wird, aber er weiß, dass es wahr ist und geschehen ist, falls er jemals wieder zurückkehren könnte in seine Zeit.
Aber darüber macht er sich im Moment keine Sorgen und Gedanken.

Endlich, nach langer Zeit, kommt Xena wieder zurück, mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen. Schnell, ohne dass sie es merkt, lässt er die Minikamera aus der Handfläche hervorgleiten und macht, diesmal mit abgeschaltetem Blitz, einen Schnappschuss von Xena... seiner Xena.

XENA:
(freudig)
„Schön, dass du noch da bist.
Stell dir vor, ich habe für uns ein schönes Schiff gefunden, das uns nach Rhodos
bringt, dann schaffen wir es vielleicht doch noch rechtzeitig bis zu Einweihung.
Na los komm schon. In einer Stunde geht es los.“


GABRIELLE/SVEN:
(etwas erschreckt)
„Schiff? Ach nein, bitte alles, nur das nicht.“

Aber er weiß, dass es nicht viel Sinn haben wird, ihr zu widersprechen. Also fügt er sich seinem Schicksal und bedauert nur, dass er keine Tabletten gegen Seekrankheit bei sich hat. Aber es hilft nichts, da muss er durch.

Sie nehmen die Pferde und laufen in Richtung des großen Kais, wo etliche große und prächtige Handelschiffe liegen. So folgt er Xena... Na das kann ja noch heiter werden. Er weiß nicht, was Xena mit dem Kapitän ausgemacht hat, aber zu seiner Überraschung geht alles schnell und reibungslos über die Bühne. Auch beide Pferde werden eingeladen und in dem Laderaum untergebracht. Erst hat er ja Bedenken, dass die Beiden nicht gut untergebracht werden und die Reise zu einer Qual für die Tiere werden könnte, aber als er sieht, dass dort sogar eine Art Stall mit untergebracht ist, ist er doch etwas beruhigt.

Xena und Gabrielle gehen ebenfalls an Bord und beziehen ihre gemeinsame Kabine. Von draußen hören sie bereits wie Befehle über das Deck hallen und ankündigen, dass es losgehen wird. Hoffentlich dauert diese Überfahrt nicht all zu lange, denkt Sven/Gabrielle noch bei sich und fügt sich seinem Schicksal.

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