Kapitel 1: Traum oder Wirklichkeit?
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GRIECHENLAND, HÖHLE

Er schläft lange und in einem Stück durch. Es ist ein erholsamer Schlaf.
Mit Sicherheit hätte er noch Stunden länger geschlafen, aber jemand will das nicht.

Er schreckt aus seinem Schlaf auf, als er eine Stimme hört. Erst nach und nach entgleitet er dem Tiefschlaf und hört mit geschlossenen Augen im halbwachen Zustand eine Stimme, die immer lauter wird.

WEIBLICHE STIMME:
„Hey, wach auf du Murmeltier, oder willst du den ganzen Tag verschlafen?“

In diesem Moment spürt er in seinem Rücken einen Fuß, der ihn anschupst, um ihn wach zu bekommen. Er vergisst in dem Moment, dass er eigentlich während des Einschlafens alleine war.
Brummend und ungehalten darüber, dass er aus seinem schönen Schlaf herausgerissen wird, dreht er sich um und zieht die Decke über den Kopf.

SVEN:
„Oh man, lass mich in Ruhe.“


STIMME:
(mitleidig und mit ironischem Unterton)
„Nana, wer wird den hier so grimmig sein. Schlecht geschlafen?“

Er will nicht darauf antworten und einfach diese Stimme ignorieren, bis er fast einen Schock erleidet, als ihm eiskaltes Wasser über den Kopf geschüttet wird. Mit einem Satz setzt er sich auf, um denjenigen, der dies wagt, eine Lektion zu erteilen.

SVEN:
(ungehalten)
„Sag mal, geht es noch? Was soll der Quatsch?“

Aber zu mehr kommt er nicht, denn in diesem Moment fällt sein Blick auf die Stelle, von der die Stimme kommt und er sieht mit weit aufgerissenem Mund und Augen, wer da zu ihm gesprochen hat.

Xena... Zumindest sieht sie so aus wie Xena, aber das kann nicht sein.


SVEN:
(in Gedanken)
„Ja klar... Oh man, ist ja wieder so ein klasse Traum.“

Etwas erleichtert erwartet er aber nun, dass er jeden Moment erwacht.

XENA:
(besorgt)
„Ist alles in Ordnung mit dir? Du siehst nicht gut aus.“

Sven versteht nun langsam nichts mehr.
Er hat schon viele und auch sehr intensive Träume gehabt, aber dies hier sprengt alles, was er jemals geträumt hat. Etwas mulmig ist ihm schon zumute und er will sich gerade in den Arm kneifen, als er an sich herunter- und seine Kleidung ansieht.

SVEN:
(ungläubig und verdattert Xena anschauend)
„Was ist hier los? Wo ist mein Auto? Und was soll das hier?“

Er geht ein paar Schritte rückwärts und stolpert dabei in seiner Verwirrung beinahe über sein Nachtlager. Ein schrecklicher Verdacht keimt in ihm. Aber wieso sollte jemand seine geheimsten Wünsche so krass und unvermittelt umsetzen? Er kann es sich nicht erklären.

XENA:
(verwundert)


„Auto? Was meinst du damit? Ach so, du meinst Autolycos?“
(Sie fasst sich an die Stirn.)
„Ja, du hast recht, eigentlich wollte er uns schon gestern hier treffen. Ich weiß auch nicht
was mit ihm los ist.“

Sven glaubt nun langsam, dass er völlig verrückt geworden ist. Dort, wo gestern Abend noch sein Geländewagen gestanden hat, sieht er... Nein nun nicht wirklich... Das kann nicht sein. Er reibt sich nochmals die Augen. Tatsächlich, dort stehen zwei Pferde. Das eine sieht aus wie...

SVEN:
(aufgeregt)
„Argo?“

Und er läuft zu ihr hin. Er liebt Pferde schon seit seiner Kindheit. Schon immer hat er sich zu diesen Lebewesen hingezogen gefühlt. In heller Aufregung läuft er zu Argo, blickt ihr tief in ihre treuen Augen und streichelt sie am Hals.

Xena sieht dem Geschehen etwas fassungslos zu und ist verwirrt.

XENA:
„Sag mal, Gabrielle, ist dir gestern der Wein nicht so richtig bekommen oder was
hat dich erwischt? Geht's dir wirklich gut?“

Sven schrickt auf, als Xena diesen Namen erwähnt. Den Namen seines großen Vorbildes und Idols. Fasziniert will er sich bereits in der Höhle nach Gabrielle umschauen, als sein Blick ein zweites Mal an sich selber herunter gleitet. Das was er da sieht, ist nicht der gewohnte Anblick. Er steht zwar nicht nackt da, aber was er anhat, erscheint ihm irgendwie bekannt, allerdings weniger als das, was er üblicherweise trägt.

SVEN:
„Ein Spiegel... Verdammt schnell einen Spiegel, bitte“

Er sagt das Xena mit einer hektischen Gestik. Noch immer kann er es nicht fassen. Er muss Gewissheit haben, ob seine Ahnung, oder vielmehr Befürchtung, wahr ist.

Xena kommt auf ihn zu und legt ihre Hand mit einem sorgenvollen Blick auf die Schulter. Was ist nur mit Gabrielle los, dass sie sich so verhält? Sie kennt die Blonde nun schon sehr lange, und auch so etliche merkwürdige Verhaltensarten, aber das ist ihr nun mal ganz neu.

XENA:
(lächelnd)
„Wozu brauchst du einen Spiegel? Hast du Angst, dass dein Haar nicht richtig liegt oder
ist noch was Schlimmeres passiert? Haha, Gabrielle, fast hättest du es geschafft mich
reinzulegen. Aber nur fast. Probiere es morgen noch mal, ja?“

Lachend dreht sich Xena um und verwindet zu ihrem Nachtlager, um die Sachen wieder abreisebereit zu machen. Noch vor sich hin grinsend packt sie zusammen. Es ist das alte Spielchen, das Gabrielle schon vor Tagen begonnen hat, als sie sich auf die Reise begeben haben. Das Spiel soll die Langeweile auf der Reise vertreiben. Immer wieder hat sie versucht Xena davon zu überzeugen, das etwas Merkwürdiges passiert mit neuen Ideen und Versuchen. Anfangs hat es ihr ja Spaß gemacht, aber so langsam wird es doch etwas langweilig.

Inzwischen ist Sven auf der Suche nach etwas, das er als Spiegel verwenden kann. Eine Pfütze am Eingang der Höhle spiegelt die Morgensonne wider. Schnell geht er hinüber und blickt hinein. Er hat dies zwar mittlerweile erwartet, jedoch trifft es ihn wie ein Schock, als er sein Spiegelbild im Wasser sieht. Es ist nicht das, was er sonst immer jeden Morgen im Spiegel sieht. Es ist tatsächlich Gabrielles Gesicht, das er dort erblickt.

Nein, das kann wirklich nicht sein. Er hat viel Fantasie, aber das geht nun doch darüber hinaus. Er muss aufwachen, ja nur so kann es sein. Er hört ein Plätschern im hinteren Teil der Höhle. Er rennt an Xena mit folgenden Worten vorbei:

SVEN:
„Moment, ich bin gleich wieder da.“

Und tatsächlich, dort hat sich ein kleiner See gebildet, der mit eiskaltem Gebirgswasser gefüllt ist. Mit Anlauf springt er hinein. Das Herz bleibt ihm beinahe stehen, aber es muss wirken. Er muss wach werden.

Doch er ist immer noch in der Höhle. Langsam schreitet er total durchnässt aus dem flachen Tümpel und setzt sich frierend und zitternd auf einen Stein. Er hat immer noch den Körper, der ihm eigentlich nicht gehört, in dem er sich aber nicht unwohl fühlt. Auch das bordeauxrote kurze Kleid, sowie das dazu passende Oberteil, kennt er nur zu gut. Es ist also doch wahr und kein Traum. Aber wie ist es so gekommen? Er kann sich keinen Reim darauf machen, als ihm dieses höhnische Lachen wieder einfällt, das er vernommen hat, bevor er eingeschlafen ist. Aber wer soll dies hier veranlasst haben? Und warum? Fragen über Fragen, die er erstmal beiseite schiebt. Er beschließt, das Beste aus der Situation zu machen. Tatsache ist nun einmal, dass er sich hier in diesem Körper befindet. Zumindest braucht er im Moment nicht zu befürchten, dass der Autovermieter nach seinem Gefährt fragt.

Xena ist mittlerweile zu ihm, nein, zu ihr gekommen und setzt sich neben Gabrielle und legt ihr eine Decke über den ausgekühlten Körper.

XENA:
(bemutternd)
„Gabrielle, ich weiß nicht was dich bedrückt, aber du kannst es mir ruhig sagen.
Na komm, raus mit der Sprache.“



SVEN (in Gabrielle):
„Ich weiß nicht was los ist, ich bin ganz durcheinander...“
(das Ganze überspielend und ein leichtes Lächeln abringend)
„Ich habe wohl einen schlechten Traum gehabt, es wird schon wieder.“

Xena streicht ihr durch das nasse Haar, um sie zu trösten.

XENA:
„Ja, das glaube ich auch. Nun komm, wir haben noch einen langen Weg vor uns und
müssen uns beeilen, wenn wir nicht zu spät zum Fest kommen wollen.“


SVEN (in Gabrielle):
(überrascht)
„Fest? Was für ein Fest?“

XENA:
„Ach herrje, na das muss aber ein heftiger Traum gewesen sein, der dich so
durcheinander gewirbelt hat. Hast du schon vergessen, dass wir als Ehrengäste
zur Einweihung der großen Statue eingeladen wurden? Na komm...“

Sie reicht Gabrielle ihre Hand, um ihr beim Aufstehen zu helfen. Sie macht sich ernsthafte Sorgen um die Bardin, lässt es sich aber nicht anmerken.

Xena geht, um Argo zu satteln und zu packen.

Sven schaut auf den Sattel, den er auflegen soll. Seit Jahren ist er nicht mehr geritten. Mühselig wuchtet er den Sattel auf den Rücken des Pferdes und schnallt den Sattelgurt fest.

SVEN/Gabrielle:
( in Gedanken)
*Ooh je, ist die aber dick.*

Der Sattelgurt rastet nur in das erste Loch ein. Na hoffentlich kann er noch reiten, nach all den Jahren. Aber was solls, er muss da durch, da das Auto ja nicht mehr da ist.

Xena steht neben Argo und beobachtet, wie Gabrielle versucht aufzusatteln und amüsiert sich köstlich dabei. Will sie Xena nur veralbern oder ist es tatsächlich so schlimm mit ihr?
Als Sven sieht, wie Xena ihn beobachtet, wird er leicht rot. Es ist ihm doch etwas peinlich. Die Gabrielle aus der Serie konnte das immer so perfekt und mit Leichtigkeit. Die aktuelle Gabrielle weiß nur das, was er, Sven, bis jetzt immer gewusst hat. Und der hat keine Ahnung von dem, was die richtige Gabrielle kann oder weiß. Es ist eine mehr als peinliche Zwickmühle.

*Augen zu und durch*, denkt er bei sich und steigt mit dem linken Fuß in den Steigbügel, um mit Schwung auf das Pferd zu kommen. Jedoch... Ja jedoch, hat er die Rechnung nicht mit der Stute gemacht. Denn sie ist nicht zu dick, nein, sie hat nur die Luft angehalten, bis der Sattelgurt festgezurrt war. Gabrielle landet natürlich mit dem Schwung nicht da, wo er es beabsichtigt hat. Da der Sattel nicht halten kann und der Gurt nichts halten kann, hängt sie mit dem Kopf nach unten unter ihrem Pferd. Blut schießt ihr in den Kopf, nicht nur wegen der Schwerkraft. Xena kann sich mittlerweile nicht mehr halten vor Lachen und steigt auf Argo.

XENA:
(aufgrund des Lachens nur mühsam die Worte herausbringend)


„Hey, Gabrielle, wäre es nicht bequemer auf dem Pferd zu reiten, oder ist das ein neuer
Stil den ich noch nicht kenne? Hahahahaha... Los, komm schon.“

Xena wendet ihre Argo und reitet aus der Höhle.

Das kann ja noch heiter werden. Er hier, ohne das Können, das hier erforderlich wäre und das bei seiner Ungeschicklichkeit.
Sven atmet tief durch und steht auf. Es hilft nichts, denkt er bei sich, als sein Blick auf das Pferd fällt. Es ist, als könnte er deutlich erkennen, dass es sich ebenfalls fast zu Tode lacht. Schnell befestigt er ihr Gepäck, zieht diesmal den Gurt fest und kontrolliert diesen auch drei Mal. Dieses Mal klappt es.
Er nimmt die Zügel in die Hand und reitet zu Xena. Neben ihr angekommen lächelt er/sie Xena gezwungen an, um zu überspielen, was gerade passiert ist und sagt zu ihr.

SVEN/GABRIELLE:
„Na, ich hoffe du kippst nicht aus dem Sattel vor lauter Lachen...
Na was ist, können wir nun los?“


XENA:
(immer noch breit grinsend)
„Keine Sorge Gabrielle, Schadenfreude ist nicht meine größte Freude.
In Ordnung, gut, dann lass uns die versäumte Zeit mal wieder aufholen.
Falls es dir zu schnell sein sollte, traue dich ruhig mir Bescheid zu geben.“

Sie muss wieder lachen.

SVEN/GABRIELLE:
(zynisch)
„Ja, trau du dich ruhig auch, mir zu sagen wenn ich dir zu schnell reite.“

Und bevor Sven über seine leichtsinnigen Worte nachdenken kann, gibt er dem Pferd zu verstehen dass es lostraben soll. Aber es versteht wohl nicht so recht, oder er hat die falschen Zeichen gegeben, als es aus dem Stand direkt in den Galopp übergeht. Sven/Gabrielle hat Mühe Haltung zu bewahren und nicht rückwärts vom Pferd zu fallen.

Xena steht noch kopfschüttelnd da und wundert sich über das, was Gabrielle da soeben präsentiert hat. Dann nimmt sie die Zügel ihrer geliebten Argo in die Hand und spricht ihr zu.

XENA:
„Na komm Argo, das können wir uns doch nicht gefallen lassen, oder?
Hüüüüa, meine Liebe, los geht's.“



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