Kapitel 1: Ich will nicht so darüber denken
- Aufblendung-

BURG, GROßER RAUM

MANN:
„War doch gar nicht so schwierig.“

XENA
(kalt)
„Halt deinen Mund. Also was soll das Ganze? Wir haben ja bis hier mitgespielt. Aber
nun möchte ich auch die Spielregeln wissen.“


MANN:
(spöttisch lächelnd)
„Welche Regeln?“

XENA:
(mit unterdrückter Wut)
„Das hätte ich mir denken können.“

GABRIELLE:
„Was willst du?“

MANN:
„Das werdet ihr schon noch früh genug erfahren.“
(zu den Männern, die sie bewachen)
„Führt sie in die Zelle!“

Er zeigt auf Xena. Gabrielle wird nicht weggeführt.

Eine Weile mustert er die Kriegerbardin während diese geradezu trotzig zurückschaut.

MANN:
„Du gefällst mir“

GABRIELLE:
(bissig, höhnisch)
„Tut mir Leid, wenn ich nicht dasselbe von dir behaupten kann. Nein, tut mir nicht Leid.“

Der Mann lacht nur.

MANN:
„Ich habe mich ja noch gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Kleon.“

Als Gabrielle nichts erwidert, grinst er breiter.

KLEON:
„Du gefällst mir wirklich.“

GABRIELLE
(spöttisch)
„Willst du mir ein Liebesgeständnis machen? Oder willst du noch einen Hieb von mir?“

KLEON:
(lacht auf)
„Eine Frau mit Charakter. Ich mag das.
Komm, setzt dich hin.“

Er bietet ihr einen Stuhl an, denn Gabrielle jedoch abweist. Er scheint nicht beleidigt.

KLEON:
„Wie ist es denn so, mit einer der größten sogenannten Heldin zu leben?“

Die Bardin starrt ihn wortlos an.

KLEON:
(nachdenklich)
„Irgendwie stelle ich mir das anstrengend vor. Sie spielt die Heldin und du tust, was
sie sagt. Du stehst immer an zweiter Stelle.“


GABRIELLE:
(betrachtet ihn aufmerksam)
„Komm schon, du willst auf etwas hinaus.“

KLEON:
„Liege ich etwa falsch, wenn ich behaupte, dass es zum Beispiel einzig und allein Xenas
Entscheidung war, nicht ins Leben zurückzukehren, um diese Seelen zu retten? Du
hattest gar nicht die Möglichkeit dich zu widersetzten. Dabei hat sie gar nicht gemerkt,
dass es nichts bringen würde.“

Gabrielle zuckt leicht zusammen. Kleon hat sie an einer empfindlichen Stelle getroffen. Es stimmt, Xena hatte sie vor den vollendeten Tatsachen gestellt.
Aber man kann die Vergangenheit nicht verändern und zum Glück war noch alles gut gegangen.

KLEON:
„Ich finde, das hast du nicht verdient. Wie war das? „Es tut mir leid Gabrielle, ich
konnte es dir nicht erzählen. Du hättest versucht mich daran zu hindern und dann
wären wir Beide tot.“
Du bist für sie nur jemand, der manchmal gebrauchbar ist, sie
empfindet es für unnötig, sich mit dir abzusprechen. Oder wagst du es, das Gegenteil
zu behaupten?“

Die Augen der Bardin verengen sich zu Schlitzen während sie ihn nachdenklich mustert. Plötzlich lächelt sie grimmig und wendet ihren Blick zum Fenster.

GABRIELLE:
„Du willst mich gegen Xena aufbringen. Das wird dir nicht gelingen. Was auch
immer du vorhast, wir werden es aus hier herausschaffen.“

(kalter Blick zu Kleon)

„Und du wirst bereuen, dich mit uns angelegt zu haben.“

Für einen kurzen Moment ist Enttauschung in Kleons Augen sichtbar, aber er fasst sich rasch wieder.

KLEON:
„...wir werden sehen...“

Er gibt seinen Männern mit der Hand das Zeichen, Gabrielle wegzuführen


- Schnitt -

BURG, KERKERZELLE

XENA:
(ihre Freundin anschauend)
„Ich finde, wir haben die Gastfreundschaft unseres Gastgebers lange genug in Anspruch
genommen. Lass uns schleunigst wieder verschwinden!“

Sie befinden in einer Zelle, Beide an die Wand gekettet. Es ist ziemlich dunkel, da es keinerlei Beleuchtung gibt und durch das ganz kleine Fenster oben nur wenig Tageslicht eindringen kann. Dennoch ist erkennbar, dass Gabrielle mit ihren Gedanken woanders ist.

XENA:
„Gabrielle?!“

GABRIELLE:
(aus den Gedanken gerissen, stotternd)
„Was? Ähm, ja, natürlich...“

XENA:
(besorgt)
„Sag mal, fühlst du dich nicht gut? Was wollte der Mann von dir?“

Einige Sekunden lang schaut sie ihre Freundin ausdruckslos an, bevor sie mit einem Schulterzucken antwortet.

GABRIELLE:

„Ach nichts, er hat nur dummes Zeugs geredet.“

Ihr Blick meidet den von Xena.

XENA:
„Was war eigentlich mit diesem Traum, letzte Nacht?“

GABRIELLE:
„Das... war einfach ein Albtraum.“

XENA:
„Aber der Mann, den du gesehen hast...“

GABRIELLE:
„Ich hatte mich geirrt. Ich meine, er sah ihm ähnlich, aber das ist auch schon alles.
Ein dummer Zufall. Der uns in eine dumme Situation gebracht hat.“

Ihre Freundin betrachtet sie weiterhin besorgt und es wirkt, als wolle sie nachhaken. Dann entschließt sie sich aber offensichtlich dagegen.

XENA:
„Es sieht so aus, wäre ob dieses Gebäude früher ein Gefängnis gewesen, zwischenzeitlich
aber geräumt und von Kleons Männer in Besitz genommen. Außer den Männern, die
uns gefangen haben, habe ich hier niemanden gesehen... Wie können wir das also anstellen...?“


„Vielleicht... Im Raum gibt es Kerzen. Und Kerzenständer. Vorher war ich ziemlich nahe
an einem. Wenn wir an einem herankommen, können wir die als Waffe benutzen. Dann
können wir damit die Bewacher bewusstlos schlagen oder zumindest soweit ablenken, dass
wir an unsere Waffen, die sich ja auch im Raum befinden, herankommen...“


GABRIELLE:
„Ich weiß nicht recht... Das hört sich fast zu einfach an.
Was ist mit den anderen Männern?“


XENA:
„Hast du einen besseren Vorschlag?“

XENA:
(als die Kriegerbardin den Kopf schüttelt)
„Dann können wir das mal versuchen. Wir müssen einfach dafür sorgen, dass er
nicht um Hilfe ruft. Du könntest ihn ja vorher irgendwie ablenken...“

Sie redet weiter ohne Gabrielle direkt anzuschauen.

Diese hingegen lässt sie nicht aus den Augen sondern betrachtet sie äußerst nachdenklich.


- Schnitt-

BURG, KERKERZELLE

Ein Mann betritt die Zelle. Wortlos löst er die Ketten, die Gabrielle an die Wand fesseln. Die Bardin trägt aber nach wie vor die Handketten.

MANN:
„Komm!“

Er packt sie am Arm und führt sie zur Tür. Gabrielle wechselt einen kurzen Blick mit ihrer Freundin bevor der Mann sie hinausschubst.


- Schnitt-

BURG, GROßER RAUM

KLEON:
„Guten Abend. Ich habe dir was zu essen bereit gemacht.“

Er nickt dem Mann, der die Bardin hergebracht zu, worauf sich dieser zur Tür hin zurückzieht. Dann führt Kleon Gabrielle in eine Ecke des Raumes, wo ein ziemlich üppig gedeckter Tisch steht.

KLEON:
„Komm, setzt dich und iss, dann können wir weiterreden. Tut mir leid, dass ich deine
Hände nicht befreie, aber du solltest auch so essen können.“

Doch die Bardin rührt sich nicht und runzelt nur die Stirn.

GABRIELLE:
(langsam, gefährlicher Unterton)
„Du hast sehr seltsame Ideen. Du kannst nicht erwarten dass ich unter diesen Umständen...
etwas esse... während Xena... Was hast du mit ihr vor, sie verhungern zu lassen?“


KLEON:
„Sie wird nicht verhungern. Komm schon, ich weiß, du musst hungrig sein, du
hast den ganzen Tag nichts gehabt.“

Für einen Moment scheint es, als wolle die Bardin ihm etwas entgegnen, nach einem nachdenklichen Blick zum Tisch scheint sie es sich anders zu überlegen, setzt sich hin und beginnt zu essen.
Kleon schaut ihr zunächst schweigend zu, setzt sich dann neben ihr und isst auch.


- Überblendung zu: -

Gabrielle hat fertig gegessen und wendet nun ihre Aufmerksamkeit Kleon zu.

GABRIELLE:
„Was wird das? Ist es bei dir üblich, die Gefangenen zu mästen?“

Der Kriegsherr schaut etwas nervös und verlegen drein.


KLEON:
„Ich weiß es selber nicht genau...“
(kurze Pause, etwas leise)
„...ich glaube, ich habe eine Schwäche für dich.“

Die Bardin schaut ihn ausdruckslos an.

KLEON:
„Du bist mir hoffentlich nicht noch böse, weil ich Xena... nichts zu essen gegeben habe
und dir schon, oder? Sie ist doch nicht wirklich deine Freundin. Sie benutzt dich nur.
’Ich werde immer bei dir sein, Gabrielle. Immer. Wohin du gehst, ich bin an deiner Seite.’
Das sind ja wirklich schöne Worte. Aber sie hat einfach über dich hinweg entschieden.
Sie war ungerecht. Sie nimmt dich nicht ernst.“

Während er spricht, ändert sich Gabrielles Gesichtsausdruck.
Zunächst traurig, dann... nachdenklich. Seltsam nachdenklich.

GABRIELLE:
„Vielleicht hast du ja Recht. Als neulich diese Geschichte mit Luzifer passierte, hatte ich ihr
gesagt, sie solle bleiben wo sie war. Und sie hat trotzdem einen Alleingang gemacht. Sie ist trotzdem gegangen...“


KLEON:
„Ja, obwohl du ihr eindeutig darum gebeten hattest, nicht in die Höhle zu gehen oder
andere Alleingänge zu machen.“

Die Bardin mustert den Krieger und nickt leicht.

GABRIELLE:
„Und eigentlich... als sie mir den Pinch beibrachte und ich ihr fragte weswegen
sie mir das gerade dann lehrte, dass ich das nicht verstünde... Sie hat mich angelogen...
sie hat lediglich gesagt, dass... sie hat nicht erwähnt, dass sie sich töten lassen wolle
sondern nur gesagt... dass es nichts zu verstehen gäbe...“

Sie schweigt und ihr Blick wird traurig.

KLEON:
(ruhig, beinahe sanft)
„Sie wolle nur dass du alles wissest was sie weiß...
Ja, sie war nicht ehrlich zu dir.“

Gabrielle wendet wieder ihren Blick von ihm und nickt in Gedanken versunken.

GABRIELLE:
„Ich...“

Sie stockt. Einige Sekunden kaut sie nervös an ihre Lippen herum, ihr Blick zu Boden gerichtet. Dann schaut sie auf, realisierend, mit wem sie da eigentlich redet.

Sie steht auf und geht ein paar Schritte weg. Kleon, zuerst etwas überrascht, steht nun ebenfalls auf.

GABRIELLE:
(wütend, laut)
„Ach, lass mich doch in Ruhe!“
(leise, zu sich)

„Ich will doch nicht so darüber denken!“

Sie wirkt gehetzt und ihr Blick durchsucht den Raum wie auf der Suche nach einem Ausweg.

KLEON:
(zu Gabrielle; freundlich)
„Ich versuche nur, dir deutlich zu machen, dass sie nicht deine Freundin ist.“

GABRIELLE:
„Unsinn! Was willst du von mir?! Erwartest du etwa tatsächlich, dass ich mich gegen meine
beste Freundin wende? Ja, möglicherweise haben wir... ein paar ungeklärte Probleme, aber...“


KLEON:
(unterbricht sie, leicht spöttisch)
„’Ein paar ungeklärte Probleme’...“
(wieder ruhig)
„Sei doch nicht blind. Du kannst mir nicht weismachen, dass es dich nicht getroffen hätte.
Sie verdient den Namen Freundin nicht. Freunde verlassen einen nicht.
Und beste Freunde haben nicht nach Jahren derart wichtige ’Geheimnisse’ voreinander.
Sie hatte dir nie von Akemi erzählt.“

Er kommt ihr näher.

KLEON:
„Sie hat Akemi dir vorgezogen...“

GABRIELLE:
(beinahe tonlos)
„Lass mich alleine...“

KLEON:
(nach kurzem Zögern)
„Wie du meinst...
Ich werde dich jetzt in einen anderen Raum führen lassen, wo es etwas gemütlicher ist.
Dort kannst du in Ruhe nachdenken.“

Als Gabrielle den Raum verlassen hat, lächelt er fies. Er wirkt äußerst zufrieden.


- Schnitt zu: -

BURG, RAUM

Der Raum in den Gabrielle gebracht wird, ist zwar karg eingerichtet, aber gemütlich. Es gibt ein Bett, ein Stuhl und ein Tisch, auf welchem eine gefüllte Obstschale steht.

Gabrielle schaut sich im Zimmer um, geht dann zum Fenster und blickt hinaus: Unten im großen Innenhof befinden sich mindestens zwei Dutzend von Kleons Krieger und sind am Üben oder reden. Die Dämmerung hat eingesetzt und vereinzelt gehen einige Männer wieder in die Burg hinein.
Die Bardin geht wieder vom Fenster weg und setzt sich auf das Bett, wobei ihre Handfesseln leise klirren. Ihre Miene nimmt einen harten Ausdruck an.

GABRIELLE:
(ganz leise, zu sich)
„Jetzt soll ich also in Ruhe überlegen, ob ich für oder gegen Xena sein soll.“

Ein verbittertes Lächeln umspielt ihren Mund.

GABRIELLE:
(leise)
„Danke, ich denke, ich habe mich bereits entschieden.“

Sie legt sich hin.



- Schnitt-

BURG, KERKERZELLE -- FRÜHE NACHT

Es klirrt leise. Langsam steht die Kriegerprinzessin auf und streift sich die letzten Ketten ab, wobei sie versucht möglichst wenig Lärm zu machen.
Sie geht auf die Tür zu und späht aus dem kleinen vergitterten Fenster hinaus: Es steht keine Wache vor der Tür. Zufrieden nickt sie.


- Schnitt zu: -

BURG, GABRIELLES RAUM

Gabrielle öffnet die Augen. Langsam richtet sie sich im Bett auf. Sie scheint aufmerksam zu lauschen.


- Schnitt zu: -

BURG, GANG

Vorsichtig schleicht Xena dem Gang entlang. Ihre Haltung zeugt von Anspannung und Aufmerksamkeit.
Am Ende des Gangs angekommen hält sie inne. Sie runzelt die Stirn, setzt sich in Kampfbereitschaft und biegt in den nächsten Gang...
...in welchem Kleon in Begleitung mehrerer bewaffneter Männern steht.

KLEON:
„Netter Versuch.“

Er zündet ein Licht an
Sein Blick wandert zu Xenas Hand in welcher eine kaputte Haarspange erkennbar ist.

KLEON:
„Eigentlich ist es mein Fehler. Als ich meinen Männern befahl, dir andere Ketten anzulegen,
habe ich übersehen, dass du mit denen mehr Bewegungsfreiheit hast, auch wenn du besser an
die Wand gekettet warst. Aber egal...
An deiner Stelle würde ich gar nicht versuchen einen Kampf anzufangen. Nicht nur weil wir
dir zahlenmäßig überlegen sind und wir Waffen haben und du keine, sondern auch weil ich
deine... Freundin habe. Die Burg ist groß. Und sie hat Geheimgänge. Du würdest sie nicht so
schnell finden. Je nachdem wo ich sie hingebracht habe, würdest du sie möglicherweise zu spät
finden... Du... weißt ja nicht was ich mit ihr gemacht habe...“

Er lächelt kalt. Die Kriegerin starrt ihn wütend an.


- Schnitt-

BURG, GABRIELLES RAUM -- NACHT

Unruhig wälzt sich die Bardin im Bett.

RÜCKBLENDE/Traum [Am Ende Der Reise - A Friend In Need]


Wald, Higuchi

GABRIELLE:
„...du bist tot...
Wie konntest du dich töten lassen?“


XENA:
„Es tut mir leid, Gabrielle. Ich konnte es dir nicht erzählen.
Du hättest versucht, mich zurückzuhalten und dann wären wir Beide tot.“


GABRIELLE:

„Soll ich mich jetzt besser fühlen?“

- Schnitt-

Berg Fuji, Beim Brunnen

XENA:
„Nein, Gabrielle.“


GABRIELLE:
„Xena...“

XENA:
„Nein...“

GABRIELLE:
„Xena... Die Sonne geht unter!
Ich muss dich zurück ins Leben bringen.“


XENA:
„Nein. Nicht wenn das bedeutet, die Seelen der 40'000, die in Higuchi umkamen
zu verdammen.“


- Schnitt-

XENA:
„...ich muss tot bleiben...“

- Schnitt-

Gabrielle blickt mit von Tränen nassem Gesicht zur untergehenden Sonne.
Xenas Geist an ihrer Seite verblasst.

- Schnitt-

Wald, Kampfort

Die Kriegerbardin entdeckt das blutige Chakram am Boden.

- Schnitt-

Morimotos Lager

Es regnet in Strömen.
Gabrielle fällt auf die Knie als sie Xenas kopflosen, exponierten Körper erkennt.

- Schnitt-

Auf dem Schiff unterwegs nach Japa

GABRIELLE:
„...sie muss dich sehr geliebt haben.“

XENA:
„Die Wahrheit ist... sie brach mein Herz...“

ENDE RÜCKBLENDE/Traum

Die Bardin erwacht.

Sie richtet sich langsam im Bett auf, offensichtlich sehr aufgewühlt. Ihr Blick starrt die Wand gegenüber an. Der Ausdruck darin ist schwer zu deuten, er könnte sowohl Wut als auch Trauer oder Vorwurf bedeuten. Eine gewisse Entschlossenheit schimmert in ihm.


- Ausblendung-