Kapitel 3: Teufel und Engel
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VOR DER TAVERNE -- MORGEN

GABRIELLE:
(völlig verwirrt)
„AAAREEES???
Wir verfolgen nun Ares?!?“


XENA:
„Nein, nicht Ares. Luzifer.“

GABRIELLE:
„Aber nach der Beschreibung ist es... Ares?!?“

XENA:
(ungeduldig)
„Nein! Nicht Ares...“

(sich beruhigend)
„Luzifer in der Gestalt von Ares. Hoffe ich zumindest...“

GABRIELLE:
„Du meinst Luzifer verwandelt sich in... Ares?!?“

Xena holt tief Luft. Sie sucht ihre innere Ruhe. Was nicht leicht ist. Gabrielles nervtötende Fragerei macht sie sichtlich nervös.

XENA:
(zu sich selbst)
„Ganz ruhig Xena, du packst das schon...“
(etwas ruhiger)
„Nochmal zum mitschreiben...
Luzifer kann die verschiedensten Gestalten annehmen. Und offensichtlich hat er
dieses Mal Ares gewählt.“


GABRIELLE:
(erregt)
„Dieses Mal??? Nein... sags mir nicht... ich weiß... die Höhle.
Die Höhle in die du mir versprochen hattest nicht zu gehen.“

Xena schliesst die Augen und horcht in sich hinein. Sie lauscht auf ihre innere Stimme. *Es ist Gabrielle, ich darf sie nicht niederschlagen. *


XENA:
„Lass uns seine Spur verfolgen.“

GABRIELLE:
„Und wie?“

XENA:
(genervt)
„Wenn wir die Stadt verlassen und einigen Leuten begegnen, die sich verprügeln,
gegenseitig ermorden oder ähnliches, sind wir auf der richtigen Spur.“

Es erscheint Gabrielle sinnlos weiter zu fragen oder zu widersprechen. Sie machen sich also erneut auf den Weg.


- Schnitt-

AUßERHALB DER STADT

Sie sind noch nicht weit gegangen, als vor ihren Augen plötzlich ein anderer alter Bekannter erscheint.

XENA:
(skeptisch)
„Michael. Sieh an. Irgendwie hast du jetzt auch noch hier gefehlt.“

Xena hat den Erzengel nicht in allerbester Erinnerung, was aber wohl auf Gegenseitigkeit beruht.

Michael lächelt sie an. Doch sie traut ihm nicht. Zwar ist er ein Geschöpf des Lichts, doch hat sie seinetwegen die Fähigkeit verloren, Götter zu töten. Auch war er bereit gewesen Eve zu opfern, ebenso wie Aphrodite. Er hatte versucht, sie in die Hölle zu stoßen, damit sie den Platz des von ihr getöteten ehemaligen Höllenfürsten Mephistopheles einnehmen solle. Doch Xena hatte ja bereits den Erzengel Luzifer für diese Rolle auserkoren gehabt und ihn mit weiblichen Verführungskünsten schließlich zu dem gemacht, was er nun ist: Den Fürsten der Finsternis. Michael hatte versucht das zu verhindern und war gescheitert.

MICHAEL:
„Xena... noch immer etwas böse auf mich?
Und da ist ja auch Gabrielle... Wie geht es Aphrodite?“


GABRIELLE:
(verunsichert)
„Soweit ich weiß geht es ihr gut. Was sie allerdings nicht dir zu verdanken hat.
Was willst du von uns?“


MICHAEL:
(freundlich)
„Was geschehen ist, das ist nicht zu ändern. Wir haben diesmal ein gemeinsames Ziel.“

XENA:
„Du meinst, deinen alten Freund Luzifer?“

Michael macht ein ernstes Gesicht und scheint sichtlich beunruhigt.


MICHAEL:
„Das Tor zur Hölle wurde geöffnet...“

XENA:
„Erzähl uns etwas, dass wir noch nicht wissen... Zum Beispiel wer es geöffnet hat und
was wir dagegen machen können.“


MICHAEL:
„Es ist etwas komplizierter als du denkst. Du magst Luzifer geschaffen haben und ihn
zunächst an den Ort verbannt haben, den man allgemein als Hölle bezeichnet. Luzifer
hat aber Freunde unter den Engeln und sie versuchen die Macht an sich zu reißen. Wir
konnten seine Anhänger vertreiben und sie fielen auf die Erde. Aber... wir konnten nicht
verhindern, dass sie Luzifer aus seinem Gefängnis befreiten. Und ich wurde
geschickt, um ihn dorthin zurückzubringen, wo er hingehört.“

Xena hat sich Michaels Vortrag in aller Ruhe angehört.

XENA:
„Ich weiß nicht... Gabrielle, können wir ihm trauen?“

GABRIELLE:
„Das fragst du mich? Also, meine Vertrauenskraft hat in letzter Zeit etwas gelitten.“
Der Erzengel zieht sein Schwert. Wie aus einem Reflex heraus greift auch Xena nach dem ihren.


MICHAEL:
(freundlich)
„Halt ein. Ich möchte dir nur etwas zeigen.“

Die Kriegerprinzessin lässt ihr Schwert sinken, steckt es aber noch nicht zurück.

MICHAEL:
„Nur dieses Schwert kann Luzifer zu Fall bringen.“

XENA:
(fordernd)
„Worauf warten wir dann noch, finden wir das Tor und töten ihn.“

MICHAEL:
„Ich kann ihn nicht töten. Ich kann ihn nur für eine gewisse Zeit verbannen.
Und das Tor brauchen wir nicht zu suchen. Dieses Schwert wird ein neues Tor öffnen in
das ich ihn stoßen werde.“

Xena ist aufgebracht.

XENA:
(wütend)
„Das ist doch Wahnsinn. Wer denkt sich denn so etwas aus?
Was geschieht wenn Luzifer, falls wir ihn besiegen, erneut aus der Hölle entfliehen kann?“

Michael schweigt und das bedeutet nichts Gutes.

GABRIELLE:
(entsetzt)
„Dann ist es ganz gleich, was wir auch tun, wir können ihn nicht vernichten?
Hört der Kampf denn niemals auf. Aber wo liegt dann der Sinn in dem Ganzen?“


XENA:
„Ich glaube ich verstehe den Sinn. Er liegt darin ein Gleichgewicht zu schaffen.
Das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse. So wie es immer schon war.
Auch in der Welt der alten Götter.“


MICHAEL:
„Wenn du das glaubst, dann besteht Hoffnung.“

XENA:
„Hör schon auf, mit diesem gefühlsduseligen Geschwafel. Lass uns gehen.“

Michael sieht sie verwundert an, doch Xena reagiert nicht auf seinen Blick. Sie macht sich bereits auf den Weg.

GABRIELLE:


„Schau nicht so verwundert, Michael. Xena hat ihre sentimentalen Momente, aber sie
bleibt sich am Ende immer selber treu. So ist sie nun mal.
Noch eine Frage... wenn Luzifer jede Gestalt annehmen kann, wie erkennen wir ihn dann?“


MICHAEL:
„Keine Sorge. Sein Äußeres ist für mich unbedeutend. Ich erkenne ihn an seiner schwarzen Seele.“


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UNTERWEGS

Xena und Gabrielle sind nun schon seit Tagen unterwegs.
Sie haben sich, um schneller voran zu kommen, Pferde gekauft, was kein leichtes Unterfangen gewesen war, denn das Feilschen mit dem Pferdehändler hatte Gabrielle beinahe einige gebrochene Knochen eingebracht.

Überall wo sie hinkommen, bietet sich ihnen fast das gleiche Bild: Es herrscht Zwist und Hass. Einzelne Dörfer sind dem Erdboden gleichgemacht worden und nur verbrannte Ruinen bleiben zurück. Wo sie auch hinkommen, Luzifer ist ihnen einen Schritt voraus.

Und obwohl sich die Menschen nach einiger Zeit beruhigen und alles anscheinend seinen normalen Gang nimmt, bleibt immer etwas zurück. Eine Art Verbitterung hat die Herzen der Leute berührt.

Sie folgen Luzifers Spur und lauschen den Geschichten, die sich die Menschen erzählen. Jeder scheint eine andere Erinnerung an die Geschehnisse zu haben. Einige berichten von einem in schwarz gekleideten Mann, der an ihren Häusern vorüber gekommen ist. Andere widersprechen und schwören, es sei eine fremde Frau gewesen. Mal jung, ein anderes Mal älter. Ein anderes Mal ist es ein blinder Junge gewesen, der den Leuten aufgefallen ist. Manche schwören sogar, ein längst verstorbenes Familienmitglied gesehen zu haben.

Die beiden Kriegerinnen erreichen schließlich den kleinen Wald, der zu dem Ort Dimini führt. Sie beschliessen, den Pferden und auch sich selbst eine Pause zu gönnen und errichten ein Lager.


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LAGER

Michael versorgt die Pferde, obwohl er diese Aufgabe für einen Erzengel als nicht so ganz würdig erachtet.

XENA:
„Wir sollen etwas zu Essen besorgen. Die Vorräte gehen zur Neige.“

GABRIELLE:
„Na schön. Du oder ich?“

XENA:
„Ich werde uns etwas jagen und du besorgst Feuerholz. Und schau ob es hier einen Bach
gibt. Wir haben nur noch wenig Trinkwasser.“

Gabrielle nickt und nimmt die Wasserschläuche, während sich Xena mit Pfeil und Bogen auf die Suche nach Beute macht.


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WALD

Nach kurzer Zeit hört Gabrielle das leise Rauschen von Wasser und folgt dem Klang. Sie erreicht den kleinen Bach und kniet sich nieder um die Schläuche zu füllen.

Als sie aufblickt und zur anderen Seite sieht, entdeckt sie eine Hütte. Sie sieht verlassen aus.

GABRIELLE:
(leise zu sich)
„Vielleicht lässt es sich dort gemütlicher übernachten?“

Sie überquert den Bach und nähert sich der Hütte.


GABRIELLE:
(rufend)
„Haallo???
Ist da wer?“

Doch wie sie bereits erwartet hat kommt keine Antwort. Sie geht zur Tür und entdeckt, dass diese nur angelehnt ist. Dann spät sie durch eines der Fenster: Anscheinend ist die Hütte leer, bis auf einen Stuhl, der am Boden liegt.

Also öffnet sie die Tür einen Spalt und blickt hinein. Es riecht vermodert und eine dicke Staubschicht bedeckt den Boden. Spinnweben hängen von der Decke und als sie die Hütte betritt, rennt eine verschreckte Maus an ihr vorüber.

GABRIELLE:
(zu sich selber)
„Ich glaube, der Aufwand lohnt nicht für eine Nacht.“

Sie will gerade wieder gehen, als sie aus einem anderen Raum ein Geräusch hört. Sie lauscht.

GABRIELLE:
(leise)
„Hallo?“

Doch wiederum kommt keine Antwort.

GABRIELLE:
(in Gedanken)
„Sicher nur ein Tier. Ich fange schon an Gespenster zu hören.“

Abermals dreht sie sich herum um die Hütte zu verlassen. Plötzlich hört sie eine leise Stimme, kann die Worte jedoch nicht verstehen.

Etwas verunsichert geht sie einige Schritte auf die Tür des Nebenraumes zu.
Sie legt ein Ohr an die Tür. Zunächst blieb es still. Doch dann...

STIMME:
(flüsternd)
„Mutter... hilf mir.“


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