Kapitel 4: Besessen
- Aufblendung-
DORF
Xena und Gabrielle kommen mit Kalidor und Vincent in hohem Tempo angeritten und werden auf dem Dorfplatz von Sonja und Zemedeus empfangen.
Die Kriegerbardin übergibt den gesunden Jungen an ihre überglückliche Mutter und folgt dann dem Priester und der Kriegerprinzessin, die den bewusstlosen Vincent auf dem Arm hat, ins Kloster.
- Schnitt- KLOSTER, HINTERZIMMER
Sie kommen in ein spärlich eingerichtetes Hinterzimmer des alten Klosters mit zwei Steinbänken in der Mitte. Xena legt Vincent auf eine Bank und Zemedeus mustert ihn besorgt.
ZEMEDEUS:
Er ist eine gequälte Seele.
XENA:
Ja, eine gequälte, aber machtvolle Seele.
ZEMEDEUS:
Wie machtvoll?
GABRIELLE:
Vor langer Zeit hat sich ein Dämon seiner bemächtigt. Er verlieh ihm große Kraft, aber
richtete ihn langsam zugrunde. Vincent wollte Vidar und Kalidor gar nichts antun,
aber der Dämon war stärker und durch das Amulett des Priesters irritiert. Und Kalidor
war ein unwillkommener Zeuge, doch Vincent konnte den Dämon davon abhalten, ihn
sofort zu töten...
(erwidert Zemedeus’ fragenden Blick)
...ich habe in seinem Buch gelesen...
ZEMEDEUS:
Was unternehmen wir nun?
Kurzes Schweigen in der Runde. Nachdenklich spitzt Xena die Lippen und setzt sich auf die Nebenbank.
XENA:
Ich werde versuchen, ihn von dem Einfluss zu befreien.
GABRIELLE:
Wie?
XENA:
Zemedeus...
ZEMEDEUS:
Ja?
XENA:
Du musst mir etwas aus dem Kräuterladen besorgen...
- Schnitt- SPÄTER
Die Kriegerprinzessin hat mit Hilfe von einigen Kräutern einen Trank gebraut und ist gerade dabei, ihn Vincent einzuflößen. Gabrielle hat die Hände auf ihre Hüften gelegt.
GABRIELLE:
Hältst du das wirklich für eine gute Idee?
XENA:
Es ist die einzige Möglichkeit und wir haben vielleicht nicht mehr viel Zeit.
GABRIELLE:
Aber wenn etwas schief geht...
XENA:
Jetzt mach dir keine Sorgen, ich hab das schon oft gemacht...
(gedämpft)
Vor ein paar Jahren.
Sie nimmt einen Schluck des Trankes und legt sich auf die Bank neben Vincent. Während sie einmal ausatmet und langsam die Augen schließt, stellt sich die Kriegerbardin neben sie und ergreift ihre Hand.
GABRIELLE:
(sanft)
Komm zurück.
- Asblendung; Aufblendung zu:-
Die Zeit verrinnt. Gabrielle und Zemedeus gehen in dem Zimmer nervös auf und ab. Als sie bereits auf dem Boden kniet und ihr Kopf in ihren Händen auf der Bank eingegraben ist, tut sich auf einmal etwas.
Die Beiden erheben sich aufmerksam und beobachten wie Vincent sich in sein früheres Selbst zurückverwandelt. Jung, kräftig, volles schwarzes Haar. Er schlägt zaghaft die Augen auf und starrt in die fröhlichen Gesichter über ihm.
GABRIELLE:
(strahlt)
Vincent! Wie fühlst du dich!?
VINCENT:
(leise)
Gabrielle... ich glaube ganz gut, wie ausgewechselt.
Sein noch trüber Blick wandert hinüber zu Xena, die sich noch nicht rührt.
VINCENT:
Was ist mit ihr?
Gabrielles Blick verfinstert sich als sie ihre Freundin wieder ansieht.
GABRIELLE:
Xena?
Keine Reaktion bis auf ihre zuckenden Augenlider. Gabrielle stellt sich mit geschlossenen Augen neben sie und beginnt ein ruhiges Lied zu singen.
VINCENT:
(entschlossen)
Ich gehe noch mal zurück...
ZEMEDEUS:
Nein, warte. Da ist sie wieder!
Die Kriegerbardin unterbricht sich und öffnet wieder ihre Augen. Ihr Blick fällt nach unten und trifft dort auf den ihrer Freundin.
GABRIELLE:
Xena! Alles in Ordnung?
XENA
(schwach)
Ja... das warst du, nicht wahr?
GABRIELLE:
Du meinst das Geträller?
XENA:
(lächelt)
Ich meine die wunderschöne Stimme, der ich gefolgt bin.
GABRIELLE:
(Augen weiten sich)
Heißt das in Zukunft sind Stimmbandmassagen erlaubt?
XENA
(nickt)
Natürlich, nur zu.
GABRIELLE:
(grinst)
Kann ich das auch schriftlich haben?
Sie lachen und fallen sich glücklich in die Arme.
- Schnitt -
DORFPLATZ
Der nächste Morgen. Xena, Gabrielle und Vincent stehen beisammen und verabschieden sich. Er trägt wieder ein helles und sauberes Gewand.
VINCENT:
Ich bin euch zu ewigem Dank verpflichtet! Wann immer ihr mich braucht, ich werde da sein.
XENA & GABRIELLE:
Das haben wir gern getan.
GABRIELLE:
Es ist schön zu sehen, dass du wieder du selbst bist.
XENA
(grinst)
Und falls du wieder einem fiesen Dämon begegnest: einfach in den Hintern treten.
VINCENT:
(lächelt)
Oder ihm auf andere Weise helfen... Die Begegnung mit dem Dämon hat mich auch
einiges gelehrt. Nicht alle Absichten, die ihm Namen des Guten geschehen, sind die
Richtigen. Und nicht jeder Traum, der in der Dunkelheit geboren wird, ist deswegen
gleich ein Albtraum. Meistens entstehen sie aus Hoffnung oder Verzweiflung.
Wenn die richtige Person zur richtigen Zeit kommt, kann man wieder
ins Licht zurückkehren.
Die Freundinnen nicken und sie reichen sich die Hände.
GABRIELLE:
Pass auf dich auf.
VINCENT:
Das werde ich. Gute Reise!
Xena und Gabrielle steigen auf Argo und reiten gemächlich dem Horizont entgegen, während ihnen die anwesenden Dorfbewohner jubelnd zuwinken.
- Ausblendung-
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