Kapitel 1: Kind verschwunden
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LANDSTRAßE

Xena und Gabrielle sind untertags mit Argo im Schlepptau auf einer etwas heruntergekommenen Landstraße unterwegs. Sie sind schmutzig und bewegen sich, anscheinend müde, mit schleppendem Gang fort. Auf der anderen Seite des kleinen Hügels, den sie gerade überqueren, liegt ein Dorf und Gabrielles Augen beginnen bei dem Anblick zu funkeln.

GABRIELLE:
(erleichtert)
„Was sagt man dazu, mein Flehen wurde erhört! Ich brauche unbedingt ein Bad.
Zumindest für eine Stunde...“

(blickt an sich hinunter)
„Oder lieber zwei.“

Als sie schnellen Schrittes hinunter gehen will, wird sie von Xena am Top gezogen und behutsam zurückgehalten.

XENA:

„Nicht so hastig. Nur eine Stunde entfernt von hier gibt es eine Stadt, da bekommen
wir auch unser Bad und zwar in Top Qualität.“

Die Kriegerbardin hebt die Augenbrauen an und schenkt ihrer Freundin einen irritierten Blick.

GABRIELLE:
„Was? Komm schon, Xena. Das Dörfchen sieht doch recht nett aus und ich brauche
jetzt ein Bad, sonst halte ich es nicht mehr aus. Du willst doch den Schmutz genauso
schnell loswerden, gib’s zu.“

Die Kriegerprinzessin verdreht zunächst, mit den Händen an ihren Hüften, die Augen und grinst dann.

XENA:
„Na schön. Aber nur eine Stunde, dann ziehen wir weiter, in Ordnung?“

Ein zufriedenes Lächeln umspielt Gabrielles Mund und sie geht zielstrebig voraus, während Xena einen Arm hebt und an ihrer Achsel riecht.

XENA
(gedämpft)

„Oder zwei.“


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DORF; BADEHAUS

Der Raum ist mit Dampf erfüllt und überall liegen die Kleidungs- und Rüstungsstücke der beiden Frauen herum. Während Xena mit nassen und zurückgestrichenen Haaren noch im Wasser ist und die Hände am Rand des Beckens entlang ausgestreckt hat, sitzt Gabrielle mit verträumtem Blick auf einer gemütlichen Couch daneben. Um ihren Köper ist ein Handtuch gewickelt und ihre Haare sind bereits wieder am Trocknen.

GABRIELLE:
(singt)
„Laaa, leee, luuu. Laaaa...“

Xenas Kopf erhebt sich aus seiner zurückgelehnten, entspannten Haltung und ihre Mundwinkel ziehen sich nach unten, während sie ihrer Gefährtin einen genervten Blick zuwirft, den diese zuerst gar nicht wahrnimmt.


XENA:
„Oh bitte. Muss das sein?“

GABRIELLE:
(wendet sich zu ihr)
„Was denn?“

XENA:
„Dieses Geträller. Das schlägt schwer auf die Nerven.“

Die Kriegerbardin erhebt sich und zieht die Stirn in Falten.

GABRIELLE:
„Geträller? Ich massiere nur meine Stimmbänder.“

Xena lehnt sich kopfschüttelnd wieder zurück.

XENA:
„Wie auch immer.“

Gabrielle geht zu ihr hinüber und setzt sich neben sie an den Beckenrand.

GABRIELLE:
„Schade, dass dir mein Gesang nicht gefällt.“

XENA:
(sarkastisch)
„Ja, aber keine Sorge, ich werde mit diesem untröstlichen Gedanken leben.“


GABRIELLE:
(genervt)
„Das war kein guter Witz.“

XENA:
„Naja, mein Humor rostet hin und wieder ein.“
(beiläufig)
„Aber ich bin mir sicher, dass ich dich auch anders davon abhalten kann zu singen, als
einen Witz zu reißen.“

Gabrielle setzt sich auf ihre Knie und stützt sich mit den Händen ab, während sie sich nach vorne beugt und Xena ihre Neugierde in ihrem Gesicht ablesen lässt.

GABRIELLE:

„Ach, wie denn?“

Grinsend rollt die Kriegerprinzessin mit den Augen, ehe sie ihrer Freundin auf einmal einen Schubs verpasst und diese mit einem kurzen Aufschrei ins Wasser plumpst, was bei Xena ein breites Grinsen hervorruft. Doch nachdem sich für ein paar Sekunden nichts tut, wird ihr Blick allmählich wieder ernster und sie starrt auf die nahezu ruhige Wasseroberfläche.

XENA:
„Lass das... Gabrielle?“
(lauter)
„Gabrielle!?“

Besorgt lehnt sie sich nach vorne und beginnt das Becken abzuschwimmen. Das durchtränkte, weiße Handtuch taucht vor der Kriegerin auf, und in diesem Moment zuckt sie plötzlich zusammen als sie am Bein nach unten gezogen wird. Kurz darauf tauchen beide luftschnappend wieder auf. Sie reiben sich das Gesicht und streichen sich ihr Haar nach hinten, ehe sie sich grinsend ansehen.

GABRIELLE:
„Jetzt sind wir quitt.“

XENA:

„Noch nicht...“

Es entbrennt eine lustige Wasserschlacht zwischen den Freundinnen.


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DORF; TAVERNE ‚Der goldene Greif’

Xena und Gabrielle sitzen gesäubert und angezogen bei einem Krug Met in der fast leeren Taverne. Hinter der Theke steht der alte Wirt mit einem Lederschurz und putzt schlaftrunken ein paar Gläser. Indes kommt eine aufgeregte Frau mit roten Haaren und schlichtem Gewand herein und geht zügig auf den Wirt zu, der sie mit einem Kopfnicken sowie einem nicht allzu fröhlichen Gesichtsausdruck begrüßt. Sie lehnt sich etwas über die Theke und spricht gerade noch so laut, dass Xena und Gabrielle es verstehen können.

SONJA:
„Hast du vielleicht Kalidor schon gesehen?“

WIRT:
(kopfschüttelnd)
„Nein, tut mir Leid, Sonja. Er war nicht hier.“


SONJA:
(traurig)
„Ich werde noch Wahnsinnig vor Angst! So lange ist er noch nie fort gewesen.“

WIRT:
(tröstend)
„Ich bin mir sicher, dass er bald wieder hier sein wird. Mach dir nicht zu viele Sorgen.“

Sonja nickt zaghaft und geht dann so schnell wieder hinaus, wie sie hereingekommen ist. Nachdem sich die Holztür hinter ihr wieder geschlossen hat, erheben sich die beiden Gefährtinnen von ihren Stühlen mit Blick zur Tür.

GABRIELLE:
„Schätze das war’s dann mit der Entspannung...“

XENA:
„Komm, wir gehen der Sache nach.“

GABRIELLE:
(nickt)
„Ja.“

Sie bezahlen sofort und verlassen dann die Taverne.


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DORFPLATZ

Xena und Gabrielle stehen vor der Taverne und überblicken den Dorfplatz, der von ein paar spazierenden Bewohnern überquert wird, und in dessen Mitte sich ein Brunnen befindet. Die Sonnenstrahlen haben mittlerweile an Intensität verloren und fallen nur noch leicht auf die Dächer der umliegenden Häuser. Die Beiden sehen sich eine Weile um und entdecken dann auch die Frau aus der Taverne, wie sie sich vor einem alten Kloster mit einem Priester unterhält. Langsamen Schrittes nähern sie sich ihnen und flüstern dabei miteinander, ohne ihren scharfen Blick von den beiden Dorfbewohnern zu lassen.

XENA:
„Ich wusste, dass Ärger in der Luft liegt, schon als wir über den Hügel kamen.“

GABRIELLE:
„Was du nicht sagst... und wann hattest du geplant, mich darüber zu informieren?“

XENA:
„Ich war dafür, dass wir zur nächsten Stadt gehen.“

GABRIELLE:
„Wegen der Qualität des Bades vielleicht, aber nicht wegen einer Frau, die verzweifelt
nach jemandem sucht und Hilfe braucht.“




XENA:
(grinst)
„Tja, das ist die Überraschung.“

GABRIELLE:
(rollt mit den Augen)
„Wie immer.“


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