Kapitel 3: Meine Geschichte
- Aufblendung-

VOR DER HÖHLE

VINCENT:
(klappt das Buch auf)
„Möchtest du darüber erfahren?“

GABRIELLE:
„Über was?“

VINCENT:
„Mein Leben...“

GABRIELLE:
(nickt)
„Liebend gern.“

VINCENT:
(lächelt)
„Also... wo soll ich anfangen? Ganz von vorne würde es wohl zu lange dauern,
am besten ich beginne dort, wo mein Leben eine drastische Wendung nahm...“


- Überblendung-


Ein Mann steht auf einem Hügel über dem Feld vor der Höhle. Der stürmische Wind fährt durch sein schulterlanges schwarzes Haar. Das weiße Ordensgewand flattert. Die grüne Fläche und die steinerne Steinplattform vor ihm sind rot gefärbt und haben sich in ein Schlachtfeld verwandelt. Menschen mit ähnlichen Gewändern liefern sich einen erbitterten Kampf mit großen, einäugigen Kreaturen. Angestrengt wandert der Blick der geheimnisvollen Gestalt über die Truppen auf der Ebene.
Es ist Vincent. Jung und kraftvoll.

VINCENT:
(Voice-Over)
„Ich weiß nicht mehr, wer mir das Leben schenkte oder wo ich geboren wurde.
Aber es war ein Ort, an dem die Moiren mich nicht erreichen konnten...
Von klein auf wurde ich zum Krieger erzogen. Eines Tages zog ich mit Anderen aus um gegen die barbarischen Arimaspen zu kämpfen, die das Gold aus der Höhle des Greifen stehlen wollten. “




Einige Augenblicke später geht ein Ruck durch Vincent, er murmelt noch ein paar Wörter in einer fremden Sprache und schwingt sich elegant auf sein Pferd. Schnell wie die Stürme des Nordens trägt das edle Tier seinen Reiter in das blutige Getümmel des Krieges und unzählige Barbaren fallen vor dem scharfen Stahl der Gerechtigkeit.

VINCENT:
(V.O.)
„Als ich mich auf mein Pferd schwang, mein Schwert zog und in die Schlacht ritt, war
ich mir sicher, dass es für die Gerechtigkeit war. Doch nach dem Gemetzel keimten
für einen Moment Zweifel in mir auf.“


Langsam verziehen sich die dunklen Wolken aus Angst und Staub über dem Schlachtfeld und man kann Vincent wieder ausmachen. In sich versunken kniet der Krieger, auf den Griff seines Schwertes gestützt, in Mitten der Gefallenen. Sekunden verstreichen bevor er sein Schwert in die Scheide auf dem Rücken zurücksteckt und wachsam die Höhle betritt.


VINCENT:
(V.O.)
„Ich überlebte als Einziger. Bedeckt mit Blut und Schlamm ging ich in die Höhle und
fand den leblosen Körper des Greifens. Ich war tief entsetzt und aus irgendeinem Grund
ging ich weiter in die unbehagliche Dunkelheit hinein, ich glaube es war eine
unterschwellige Stimme, die mich anzog.“


Vincent kommt scheinbar ans Ende der Höhle und im Zwielicht erkennt man eine große Gestalt, einen dunkelroten, geflügelten Dämon, dessen Augen bedrohlich und faszinierend zugleich aufleuchten.

VINCENT:
(V.O.)
„Ich erkannte sofort, dass es böse war. Aber wie in einem Traum war ich unfähig zu
kämpfen oder wegzulaufen. Meine Sinne wurden betäubt, während er in Gedanken zu
mir sprach. Er brachte mich dazu, meine Waffen abzulegen und mich ihm zu fügen...“



- Überblendung-

Gabrielle hat es sich inzwischen gemütlich gemacht und seinen Ausführungen aufmerksam und beeindruckt gelauscht.

GABRIELLE:
„Was ist passiert?“


VINCENT:
(traurig)
„Ich habe einen Fehler gemacht. Ich...“

Aus der Höhle ist ein Zischen zu vernehmen, gefolgt von einem Fluch. Gabrielle horcht auf und schaut unsicher zu Vincent. Dann steht sie auf und geht Richtung Höhle.
Zunächst scheint es, als wolle Vincent etwas einwenden, doch dann bleibt er sitzen. Er schlägt das Buch wieder auf.

BUCHEINTRAG:
Nun ist die Macht mein, doch sie ist mir ein Fluch.
Meine Seele verbrennt mit jeder Magie und jedem Zauberspruch.
Für Macht und Wissen zahlte ich einen Preis so schrecklich und hoch,
verkaufte meine unsterbliche Seele für immer ans Sklavenjoch.


- Schnitt-

DIE HÖHLE

Xena befindet sich am Ende eines schwarzen, glänzenden Korridors der großen Höhle. Umhüllt von dem Lichtkreis ihrer Fackel geht sie einige Schritte umher bevor sie zum Ende zurückkehrt.

Eine massive Wand und ein rundes Tor darin versperren den Weg. Es wirkt fast flüssig und funkelt in vielen verschiedenen Farben. Die Kriegerprinzessin steckt ihr Schwert zurück in die Schwertscheide, heftet ihren konzentrierten Blick auf die Wand und fährt vorsichtig mit einer Hand über die Oberfläche.

GABRIELLE:
„Xena? Alles in Ordnung?“

Gabrielle nähert sich mit raschen Schritten.

XENA:
„Er ist hinter dieser Tür. Aber sie lässt sich nicht gewaltsam öffnen, sie ist
irgendwie magisch versiegelt.“


GABRIELLE:
„Vielleicht hat Vincent etwas gesehen oder weiß von etwas...“

XENA:
„Der alte Mann da? Wer ist er denn?“

Die Bardin setzt zu einer Erklärung an, aber in diesem Moment betritt Vincent den Gang.

VINCENT:
„Ihr solltet gehen.“

XENA:
(runzelt die Stirn)
„Was weißt du von dieser Höhle?“

VINCENT:
(barsch)
„Ihr solltet gehen. Ihr werdet diese Tür nicht aufkriegen.“

GABRIELLE:
„Woher weißt du, dass...“

VINCENT:
„Geht - jetzt!“



XENA:
„Du scheinst etwas zu wissen. Und du wirst uns erzählen was.“

VINCENT:
„Ihr macht einen großen Fehler. Ein Dämon hat es versiegelt und nur er
kann es wieder öffnen. Ihr müsst gehen. Der Junge wird wohlbehalten ins
Dorf zurückkehren.“

Xena ist nicht überzeugt und bleibt unbeweglich stehen. Gabrielle betrachtet Vincent durchdringlich.

GABRIELLE:
(zögernd)
„Xena, vielleicht...“

Plötzlich wird Vincent von Krämpfen heimgesucht. Er krümmt sich und verzerrt sein Gesicht vor Schmerzen. Er fällt auf den Boden, die Muskeln spannen sich an und die Adern pulsieren. Die Kriegerbardin schaut besorgt drein und legt ihre Hand auf seinen Rücken.

GABRIELLE:
„Was hast du!?“

VINCENT:
„Geh!“

Vincent beginnt sich zu verwandeln und Gabrielle schreckt entsetzt zurück. Seine Augen beginnen intensiv rot zu leuchten und ein lautes Knochenknacken ist zu hören.

Der dürre alte Mann wird zu einem dunklen, geflügelten Dämon...

Xena zieht ihr Schwert und nimmt einen breiten Stand ein während Gabrielle die Sais nimmt. Ihre Mienen strahlen kurz Entsetzen aus, ehe sie sich wieder fangen und dem Ungeheuer einen kampfbereiten Blick zuwerfen.
Das Biest streckt sich und hebt schreiend die Fäuste in die Höhe. Die Wände vibrieren leicht von dem Geschrei des Monsters und Xena geht angespannt in Kampfposition. Während sich der Dämon auf sie zu bewegt, fallen durch die Erschütterung ein paar kleine Steinbrocken von der Decke.

Die Kriegerprinzessin greift nicht an sondern weicht ein paar schnelle Schritte zurück und scheint sich eine Taktik zu überlegen. Als er zum Schlag ausholt, rollt sich Xena geschickt zwischen seinen Beinen hindurch. Sie umklammert ihr Schwert fest mit beiden Händen und schlägt der Kreatur wuchtig auf den geflügelten Rücken während ihn Gabrielle von vorne mit den Sais attackiert. Aber es scheint so als würden sie gegen eine Mauer schlagen und das Monster zeigt keine Reaktion.

Mit einer Handbewegung stößt er Gabrielle zur Seite. Während sich der Dämon langsam umdreht, kommt Xena erneut zum Schlag, der aber auch anscheinend nichts nützt. Die Kriegerin scheint leicht entmutigt. Sie muss erneut blitzschnell reagieren, um dem nächsten Schlag auszuweichen.

Währenddessen rappelt sich Gabrielle wieder auf, wobei sie bemerkt, dass die magische Tür jetzt offen ist. Sie betritt den kleinen Raum dahinter und entdeckt sie in der Ecke den zusammengekauerten Kalidor. Sie beugt sich zu ihm nach unten und streicht ihm liebevoll über sein schmutziges Haupt.

GABRIELLE:
(sanft)
„Hey... keine Angst. Du bist Kalidor, nicht wahr?“

Der Junge nickt.

GABRIELLE:

„Mein Name ist Gabrielle. Deine Mutter hat mich gebeten dich zu finden und
zurückzubringen. Also, bist du bereit?“

Er nickt erneut.

GABRIELLE:
„Gut...“

Sie schaut in den Gang zu Xena und dem Dämon. Ein roter Feuerball bildet sich langsam im Maul des Ungeheuers und Xena ahnt was gleich folgt. Im letzten Moment kann sie zu einem alten Rundschild an der Wand hechten und den satten Feuerstrahl ihres Gegners mühevoll abwehren. Sie zieht die Mundwinkel nach unten und schleudert das brennende Schild auf den Dämon zu, der durch den kurzen Kontakt in seinem Gesicht für einen Moment erblindet. Die Kriegerprinzessin nützt diese Gelegenheit, schlägt schreiend einen Salto vorwärts und landet auf den Schultern des Dämons. Ohne zu zögern rammt sie ihm ihr Schwert in den Nacken, woraufhin er zusammensackt. Xena hält trotz der Erschütterung ihr Gleichgewicht. Sie stellt sich über sein Gesicht und hebt ihr Schwert für einen weiteren Stoß.

XENA
(verbissen)
„Verabschiede dich.“

GABRIELLE:
„Nein, Xena warte! Ich habe begriffen, was mit ihm passiert ist.
Er ist nicht was es scheint...“

Xena sieht wieder nach unten und die dämonische Gestalt beginnt zu weichen. Übrig bleibt ein offenbar lebloser Vincent. Gabrielle nimmt den Jungen auf den Arm und geht auf ihre Freundin zu, die sie etwas verwirrt anstarrt.

GABRIELLE:
„Ich erkläre dir alles unterwegs, Xena. Wir müssen mit den Beiden zurück ins Dorf!“

Xena nickt und ihre Miene entspannt sich wieder, während sie das Schwert wegsteckt und Vicent hochhebt.


- Ausblendung-