Einleitung: Bucheintrag
- Aufblendung-
WALD
Mystisch bricht das Sonnenlicht durch die Wolken; wenige Strahlen tanzen über die nebelverhangenen Berge, tauchen die Märchenwälder ringsum in einen silbernen Glanz. Licht und Schatten kämpfen in einer sagenumwobenen und legendären Landschaft um die Vorherrschaft.
Ein Mann taucht am Waldrand auf und betritt den offenbar geschichtsträchtigen Boden am Fuße eines kargen Hügels, in welchem man eine große Höhle entdeckt.
Sein einfaches, zerlumptes Ledergewand ist ebenso wie sein Körper und das schüttere schwarze Haar mit Schmutz bedeckt. Er trägt nur eine kleine Tasche bei sich und mit seiner sehr schlaksigen Figur wirkt er ausgebrannt, fast schon abgemagert. Erschöpft hebt und senkt sich sein Brustkorb deutlich und sein schwerer röchelnder Atem erfüllt die Luft. Langsam blickt er nach oben auf den Hügel zum Höhleneingang, den er mit Faszination und Furcht zugleich einen Moment lang anstarrt.
Dann lässt er sich auf eine schäbige, mit Pflanzen bewachsene Steinplattform vor ihm nieder und kommt allmählich zur Ruhe, während er in seine Tasche greift und ein altes Buch hervorholt. Er schlägt es auf und führt mit seinen knochigen Fingern eine weiße Feder, mit der er scheinbar wertvolle Sätze niederschreibt, behutsam am leicht bräunlichen Papier entlang. Er wirkt dabei sehr nachdenklich und traurig.
BUCHEINTRAG:
Ich ging die schattigen Wege und Straßen ins Herz des Schreckens hinein.
Ließ Hass, Vernichtung und Untergang meine Reisegefährten sein.
Für jedes ungelöste Rätsel, jeden errungenen Preis,
verkaufte ich von meiner Seele ein Stück und brannte es noch so heiß.
Ich suchte ein höheres Wissen, das die Wenigsten konnten erringen,
ich fand es und merkte, es konnte mich nur meinem Untergang näher bringen.
Es scheint so als würden durch seine traurige Gestik die Blätter von den Bäumen zu Boden fallen.
Während er auf die Buchseiten starrt, vernimmt er plötzlich Schritte, die sich ihm aus dem Wald nähern. Seine dunklen Augen verengen sich, als er die Gegend vor ihm skeptisch beobachtet. Leise kann man aus dem Wald heraus auch ein kindliches Gelächter ausmachen.
- Schnitt zu: -
WALD
Das Gelächter wird deutlicher und gehört zu einem kleinen Jungen, der fröhlich neben einem Mann mit grauem Mantel und Kapuze, durch den friedlichen Wald stolziert. Während das Kind ungeduldig herumhüpft, setzt der Priester, seine Hände auf dem Rücken verschränkt, bedächtig einen Fuß vor dem anderen.
JUNGE:
Oh danke Vidar, dass du mir die Höhle zeigst. Schon immer wollte ich sie sehen!
VIDAR:
Schon gut mein Sohn. Erzähl aber deinen Eltern nichts davon, hörst du? Sie sehen
es nicht gern, wenn Kinder bei den Höhlen spielen.
JUNGE:
Keine Sorge, mach ich nicht. Ich kann es kaum erwarten!
- Schnitt zu:- VOR DER HÖHLE
Die Schritte werden immer lauter und der alte Mann wird unruhig. Als Vidar und der Junge zwischen den Bäumen hervorkommen, legt sich seine Nervosität etwas und er wendet sich ab, um weiter zu schreiben. Die Beiden bleiben abrupt stehen, als sie den Fremden entdecken und mustern ihn eindringlich. Das Kind klammert sich an den Mantel des Priesters.
JUNGE:
(flüstert)
Dieser Mann macht mir Angst, Vidar. Er heißt Vincent und lebt erst seit kurzem im Dorf,
aber er lässt sich kaum je blicken und hat keinen Kontakt zu den Nachbarn.
VIDAR:
(runzelt die Stirn)
Am besten, du bleibst hier, ich rede mal mit ihm.
Er nimmt seine Kapuze ab und nähert sich Vincent vorsichtig, der noch immer mit dem Rücken zu ihm sitzt und ihn nicht beachtet.
VIDAR:
(höflich)
Verzeihung. Mein Name ist Vidar. Ich habe dich noch nie hier gesehen.
Bist du neu im Dorf? Was machst du hier, willst du auch die Höhle ansehen?
VINCENT:
(rau, kratzig)
Nein.
VIDAR:
Ist... alles in Ordnung?
VINCENT:
Nein.
VIDAR:
Wie bitte? Was fehlt dir denn? Vielleicht kann ich dir helfen. Ich bin Priester.
VINCENT:
Ihr solltet von hier verschwinden. Alle beide
Vidar zieht die Stirn in Falten und starrt sein Gegenüber verwirrt an.
Schließlich wendet dieser sich erstmals ihm zu und seine Augen treffen wie ein Blitz auf die des Priesters, der daraufhin schnell einen Schritt zurückweicht.
VINCENT:
(energisch)
Jetzt gleich.
VIDAR:
(besorgt)
Was hast du denn?
VINCENT:
Weg!
Vidar atmet hastig ein und aus und blickt verwirrt zum Jungen, der wie versteinert neben einem Baum steht.
Dieser starrt mit offenem Mund eine Stelle hinter Vidar an und seine Augen sind angsterfüllt als Vidars Schrei durch den Wald dringt.
- Ausblendung-
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