Kapitel 4: Lang lebe Cäsar. Oder?
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KANOPUS; TEMPEL DES TOTH, KLEINE KAMMER

Xena kniet am Boden neben der schlichen Mumie. Sie hat am Kopf das Leinen etwas eingeritzt. Zum Vorschein kommen einige blonde Haarstränen.

Müsste die Kriegerprinzessin beschreiben, was sie in diesem Augenblick fühlte, so wären ihr keine Worte in den Sinn gekommen. Es ist eine Mischung aus Trauer, Wut, Angst und Hass. Ein Wirrwarr von Gefühlen. Es ist einfach alles so unwirklich.

Simut betritt die Kammer. Sie müssen nun schnell handeln, bevor jemand den Raum betritt, um möglicherweise nach dem Rechten zu sehen. Xena weist den Tempeldiener an, neben dem Eingang Wache zu halten.
Autolycus kümmert sich um den Leichnam von Cäsar. Er nimmt den Lorbeerkranz, die Tunika und das Zepter an sich. Dann hebt er gemeinsam mit Xena die Mumie vom Altar und legt sie auf den Boden.

AUTOLYCUS:
(zuversichtlich)
„Es ist fast geschafft.“

Er stellt sich vor die andere Mumie und ist im Begriff, sie bei den Füßen zu packen.



XENA:
(leise)
„Ich mache das!“

Sie fasst unter den Nacken der Freundin und unter ihre Beine und trägt sie zum Altar hinauf. Dann legt sie ihr den Lorbeerkranz auf das Haupt.

SIMUT:
(erschrocken)
„Beeilt euch, der Präfekt ist auf dem Weg hierher.“

Sie hören die sich nähernden Schritte und in aller Eile versuchen sie die Tunika und das Zepter an genau den Stellen zu positionieren an denen sie vorher waren.
Simut hat derweil die kleine Kammer verlassen und geht dem Präfekten entgegen.



SIMUT:
(etwas nervös)
„Hoher Herr...“

TIBERIUS:
(schroff)
„Was willst du noch? Geh mir aus dem Weg.“

SIMUT:
„Herr, ich wollt Euch nur meine Bewunderung aussprechen. Ihr seid wahrlich ein Mann,
der unsere Traditionen schätzt. Es ist eine Ehre, einem Mann wie Euch zu dienen.“

Der Präfekt hält kurz inne.

So bleiben Autolycus und Xena noch ein paar Sekunden, um sich zu verstecken.



TIBERIUS:
(geschmeichelt)
„Ja, ja... schon gut. Du hast natürlich recht.
Ich werde dich für deine Dienste gebührend belohnen.“


SIMUT:
„Ihr seid so großzügig und edel. Die Götter werden Euch einen Ehrenplatz an
ihrer Seite bereiten.“

Mit einer Handbewegung winkt er den Hohepriester herbei und einige andere Diener, die ihm helfen sollen, die Mumien in die große Halle zu bringen.


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KLEINE KAMMER

Xena und Autolycus haben sich hinter einem kleinen Wandvorhang in Sicherheit gebracht.
Dort befindet sich eine sehr enge Nische. Sie haben kaum Platz und verharren eng aneinander gepresst.



XENA:
(flüsternd)
„Nimm deine Hände da weg.“

AUTOLYCUS:
(flüsternd)
„Wo weg? Ich kann nicht mal fühlen wo meine Hände sind.“
(stöhnend)
„Ist das eng hier.“

XENA:
(flüsternd)
„Oh, entschuldige. Es sind nicht deine Hände. Deine Nase drückt an meinen
Brustpanzer. Ist es deine Nase?“

Der König der Diebe murmelt einige unverständliche Worte vor sich hin.
Durch einen kleinen Riss im Vorhang kann Xena einige Bruchstücke des Geschehens erhaschen.

Die Diener tragen beide Körper hintereinander hinaus. Der Vorgang wird begleitet durch ein monotones Summen. Es ist eine beinahe gespenstige Szene.
Der Hohepriester und der Präfekt führen die Prozession an. Als das Summen leiser wird, blickt Autolycus hinaus und gibt ein Zeichen, dass die Luft rein sei.
Beide schleichen zum Eingang, der in den großen Altarraum führt und dann weiter an den vielen Tempeldienern vorbei.
Alle sind gleich gekleidet und so fällt es niemandem auf, dass sich zwei Personen dort befinden, die nicht dasselbe Anliegen haben wie die Anderen.


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GROßER ALTARRAUM

Man hat den geschmückten Körper auf den großen Altar gelegt, den Anderen auf den Boden.

Durch die vielen Fackeln ist die Umgebung hell erleuchtet. Der Hohepriester spricht von Salbung und Reinigung.
Dann übergibt ihm der Präfekt den Papyrus mit der Zauberformel.

Plötzlich ist es still in der Halle. Xena hört nun wie laut ihr Herz schlägt.
Der Priester öffnet das Schriftstück und beginnt, die Formel vor sich hinzumurmeln. Man kann seine Worte nicht verstehen, doch es ist deutlich zu erkennen, dass er sie mehrere Male wiederholt. Dabei streckt er die Arme hoch empor und sieht zu den Götterstatuen.

Der Kriegerprinzessin stockt der Atem, als sie sieht, wie sich der Brustkorb der einen Mumie anhebt und wieder senkt.
Ein Raunen geht durch den Raum.

PRÄFEKT
(euphorisch)
„Er ist erwacht. Der große Cäsar ist zu neuem Ruhm erwacht.“

Der Hohepriester nimmt eine der Fackeln und zündet den in schlichtes Leinen gewickelten Körper an.



HOHEPRIESTER
„Toth, Gott des Mondes und Herr der Zeit, nimm dieses Tauschopfer an, für das
Leben dieses Menschen.“

Da das Leinen mit Öl durchtränkt ist, lodern die Flammen in nur einem Bruchteil einer Sekunde lichterloh. Dichter Rauch umgibt den Altar und breitet sich alsbald im ganzen Raum aus. Das ist die Gelegenheit für Xena und Autolycus, im Schutze des Rauches bis hinter den Altar zu gelangen. Xena schleicht sich an den Präfekten heran, während Autolycus sich dem Priester widmet. Die Kriegerprinzessin nimmt ihren Brustdolch und hält ihn Tiberius an den Rücken. Als dieser die Klinge spürt, dreht er den Kopf erschrocken um und blickt in das grinsende Gesicht einer nach Vergeltung dürstenden Xena. Autolycus tippt dem Priester an die Schulter. Dieser sieht ihn nicht minder verblüfft an. Der König der Diebe deutet zu Tiberius und auf die hinter ihm kniende Kriegerprinzessin. Als der Priester den Dolch erblickt, sieht er den Präfekten hilflos an.

AUTOLYCUS:
(flüsternd)
„Kein Wort, mein Freund, das würde deinem Präfekten schlecht bekommen.
Du musst wissen meine Freundin ist etwas ungehalten.“


XENA:
(flüsternd)
„Du wirst nun die Anweisung geben, dass alle den Raum verlassen und dass
man die Wachen abzieht. Und...“

(kleine Pause)

„...ein falsches Wort und ich schlitze dich auf wie ein Schwein.“

Tiberius schluckt. Aber da ihm sein Leben lieb und teuer ist, kommt er den Anweisungen ohne zu zögern nach.

PRÄFEKT:
(mit lauter etwas zittriger Stimme)
„Verlasst nun alle diesen heiligen Ort.
Der neu zum leben Erwachte braucht nun seine Ruhe.“

Kurze Zeit später, haben die letzen Ägypter und Römer den Altarraum verlassen und die große Tür wird geschlossen. Tiberius ist sich nicht sicher, wie er sich nun verhalten soll.



PRÄFEKT:
„Du kommst zu spät. Die Zeremonie ist vorüber. Cäsar weilt wieder unter uns.
Siehst du, wie er atmet?“


XENA:
„Schnell Autolycus, wickle das Leinen ab!“

Der König der Diebe macht sich eilig daran, den Körper zu befreien.

Schieres Entsetzen packt Tiberius als er mitansieht, wie die ersten blonden Haare von Gabrielle zum Vorschein kommen.

PRÄFEKT:
(schreiend)
„WIE IST DAS MÖGLICH?
Dann... dann ist dieser brennende Leichnam der...“


XENA:
(mit Genugtuung)
„...der des großen Julius Cäsar.
Wusstest du nicht, dass Toth auch der Beschützer der Schreiber ist?“

Xena legt ihre Robe ab und zog ihr Schwert. Aus dem Dunkel kommt Simut.

XENA:

„Hier, nimm mein Schwert und lass die Beiden nicht aus den Augen.“

Inzwischen hat Autolycus Gabrielles Körper vollständig von dem Tuch befreit.
Xena eilt an ihre Seite. Sie schiebt eine Hand unter den Nacken der Freundin. Mit der anderen streift sie ihr einige Haarstränen aus dem Gesicht. Ihr Atem geht ruhig und gleichmäßig. Es ist keine Wunde mehr zu sehen. Die Kriegerprinzessin gibt ihr einen Kuss auf die Stirn.

Die Bardin öffnet langsam die Augenlider. Völlig benommen und nicht wissend wo sie war, erschrickt sie zunächst. Doch als sie in Xenas Gesicht blickt, beruhigt sie sich.

XENA:
„Bleib liegen, alles ist gut.“

GABRIELLE:
„Mein Kopf schmerzt. Hab ich was abbekommen?“

XENA:
„Na, wenn es nur der Kopf ist der schmerzt, dann bin ich beruhigt.
Erinnerst du dich an nichts?“




GABRIELLE:
(kräuselt die Stirn)
„Ich ähm... erinnere mich daran, dass wir Urlaub machen wollten... und an...
Autolycus? Was macht der denn hier?“

Autolycus zupft an seinem Bärtchen.

AUTOLYCUS:
„Ich will ihr mal zu gut halten, dass sie nicht ganz bei sich ist.“
(zu Xena gewandt)
„Wir müssen verschwinden, für Küsschen hier und Küsschen da und Erklärungen
habt ihr später noch Zeit.“


Gabrielle versteht nicht wirklich, um was es geht. Doch als sie Xena verwirrt ansieht und diese Autolycus zunickt, stellt sie zunächst keine Fragen mehr.

SIMUT:
„Was soll mit diesen beiden geschehen?“

Xena greift an ihr Chakram. Am liebsten würde sie die Sache gleich an Ort und Stelle erledigen. Der König der Diebe nimmt Xena kurz beiseite. Gabrielle kann nicht verstehen was die Beiden besprechen. Allerdings ist ihr das Ganze ohnehin schleierhaft und so hofft sie, dass Xena ihr bald Näheres erklären werde.

XENA:
„Hier, das musst du anziehen.“

Sie legt der Bardin eine Robe der Tempeldiener um und schlüpft wieder in ihre eigene. Simut verbirgt das Schwert und gibt den Gefangenen zu verstehen, dass sie vorausgehen sollen.

Autolycus und Xena nehmen die geschwächte Gabrielle in die Mitte und gehen zur großen Eingangstür. Als sie an der römischen Garde vorübergehen, tritt ein Offizier einen Schritt hervor.

OFFIZIER:
„Mein Präfekt. Ist alles in Ordnung?“

Tiberius nutzt die Gelegenheit und springt mit einem Satz hinter seine Soldaten.

PRÄFEKT:
(schreiend)
„ERGREIFT SIE!!!“

Im Nu ist ein wilder Kampf entfacht. Xena und Autolycus entledigen sich ihrer Roben und stürmen den Angreifern entgegen.

Die Kriegerprinzessin stößt die Bardin hinter eine große Marmorsäule.

XENA:
„Gabrielle, bleib wo du bist. Simut, mein Schwert!“

Wie eine Besessene schlägt die Kriegerprinzessin auf die Römer ein. Ihr Schwert hinterlässt eine blutige Spur. Auch Autolycus schlägt sich tapfer.

Die ganze Wut, die sich in ihr angestaut hatte, entlädt sich auf einen Schlag. Jeder Angriff wird abgewehrt und ein Römer nach dem anderen findet den Tod. Als Letztes tritt sie vor Tiberius, der wie ein feiger Hund am Boden kauert und um Gnade fleht. Xena hebt ihr Schwert.

GABRIELLE:
(rufend)
„XENA!!! Nicht. Er fleht um Gnade!!!“

Die Augen der Kriegerprinzessin funkeln.

Noch immer steht sie, das Schwert über ihren Kopf haltend und bereit zum Schlag, vor dem Präfekten. Doch dann, ganz langsam senkt sie die Waffe.

XENA:
(zischend)
„Steh auf, du Ratte.“

AUTOLYCUS:
„Wir sehen uns in der Taverne.“

Autolycus und Simut nehmen Tiberius an den Armen und verschwinden mit ihm. Der Hohepriester hat sich derweil aus dem Staub gemacht.

GABRIELLE:
„Wo bringen sie ihn hin?“

XENA:
„An einen sicheren Ort.
Komm, du musst dich ausruhen.“




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TAVERNE AM ANDEREN TAG

Als Gabrielle erwacht, steht die Sonne bereits sehr tief. Sie streckt sich aus und gähnt laut.
Xena setzt sich an ihr Bett.

GABRIELLE:
„Wie lange hab ich geschlafen?“

XENA:
„Fast einen ganzen Tag.“
(besorgt)
„Wie fühlst du dich?“

GABRIELLE:
„Ganz gut.
Erzählst du mir nun, was geschehen ist?“




XENA:
„Das ist eine lange Geschichte, aber wir haben ja Zeit.“

Die Kriegerprinzessin lächelt. Sie betrachtet die Bardin. Es ist, als wäre nie etwas mit ihr geschehen.
Gabrielle schaut Xena etwas irritiert an.

GABRIELLE:
„Was ist?
Du siehst mich an, als hättest du einen Geist gesehen!“


XENA:
(grinsend)
„Da hast du gar nicht so Unrecht.“

GABRIELLE:
„Wo ist Autolycus? Und wohin hat er diesen Mann gebracht?“



XENA:
(geheimnisvoll)
„Er bewacht eine alte Schriftrolle.“

Xena streicht über die Wange der Bardin. Sie wird genug Zeit haben, ihr alle Geschehnisse zu berichten.

XENA:
„Gabrielle?“

GABRIELLE:
„Ja?“

XENA:
„Das Leben ist einfach wundervoll, findest du nicht auch?“

Gabrielle versteht natürlich nicht, was Xena damit meint, doch sie lächelt.

Der König der Diebe ist auf dem Weg zurück nach Griechenland. Simut begleitet ihn. In seiner Tasche befindet sich das goldene Adlerzepter. Xena hat ihn nicht daran gehindert, es unauffällig einzustecken. Sie wird den alten Gauner vermissen. Aber vielleicht, wer kann es schon wissen, werden sie sich eines Tages wieder begegnen.
Die Kriegerprinzessin lehnt sich bequem zurück in ihren Stuhl.

XENA:
(zufrieden)

„Es geht doch nichts über einen erholsamen kleinen Urlaub.“


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WÜSTE; STEINERE STATUEN

Der Wind bläst unaufhörlich. Tiberius kauert neben der kleinen Truhe. Er schaut hinab. Über 15 Meter in die Tiefe.

PRÄFEKT
(rufend)
„ICH KOMME WIEDER, HÖRST DU???
WER AUCH IMMER DU BIST!!!“


Doch der Sandsturm übertönt seine Worte und sie verhallen ungehört über dem Land der Pharaonen.


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Disclaimer

Dem Autor entglitt zeitweilig die Macht über seine Tastatur, woraufhin Gabrielle einige unangenehme Momente durchleben musste. Es wurde jedoch niemand unwiderruflich verletzt.