Kapitel 1: Rätselhaftes Ägypten
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KANOPUS; INNENSTADT

Vorsichtig schaut Xena um die Ecke als sie sich der Innenstadt nähern.

XENA:
„Die Luft ist rein.“

Anscheinend hat sich die Lage beruhigt.
Aber um auf Nummer sicher zu gehen, kaufen sie bei einem kleinen Händler einige Kleidungsstücke, und passen sich damit dem allgemeinen Erscheinungsbild der Leute an. Gabrielle bedeckt ihr blondes Haar mit einem Tuch, das sie etwas ins Gesicht zieht.
So ausgestattet führt Xena sie an den Ort, an dem sie die Spur des Diebes verloren hatte.



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STADTVIERTEL

GABRIELLE:
„Das ist ja eine ziemlich vornehme Gegend. Guck dir doch mal die großen Häuser an.
Wie konnte dir der Dieb denn nur entwischen?“

XENA:
(grinsend)
„Ach weißt du, mir war mit einem mal etwas wichtiger.“

GABRIELLE:
„Und was?“

XENA:
„Mir lief ein Mann entgegen und erzählte mir von einem Tumult, eingeschlagenen
Nasen und einem verletzen Präfekten. Da kam mir der Gedanke: Schau doch mal
nach, was Gabrielle so macht.“

Die Bardin schmunzelt.

Die Gegend ist wirklich sehr vornehm. Kleine und größere Villen zeichnen das Stadtviertel.
Viele von ihnen sind mit hohen Mauern umgeben.
Plötzlich hält Xena inne. Sie scheint auf etwas zu lauschen.



GABRIELLE:
„Was ist?“

XENA:
„Pssst!!!“

Dann, ganz plötzlich, langt sie mit einer Hand in das Gebüsch rechts neben sich. Heraus kommt eine vermummte Gestalt, die in Xenas Handgriff zappelt wie an einem Haken.

GABRIELLE:
(außer sich)
„DAS IST DER KERL!!!“

Die Kriegerprinzessin streift ihm die Kapuze ab.

GABRIELLE:
„Autolycus???“

Der König der Diebe grinst breit obwohl ihm nicht wirklich danach zumute ist. Noch immer baumelt er an Xenas Hand.

AUTOLYCUS:
„Xena? Na so was... Gabrielle? Auch hier?“

GABRIELLE:
„Das glaub ich nicht. Die Welt ist wirklich klein.“

XENA:
(verbissen)
„Nicht klein genug.“
(sie macht eine kleine Pause)
„So...nun erzähl doch mal.“

AUTOLYCUS:
(japsend)
„Deine Hand ist meinen Stimmbändern im Weg.“

Gabrielle gibt Xena einen leichten Schubs und deutet ihr mit einer Geste an, Autolycus herunterzulassen. Widerwillig gibt die Kriegerprinzessin nach und lässt ihn frei. Allerdings lässt sie ihn nicht aus den Augen.

AUTOLYCUS:
(einschmeichelnd)



„Ah...viiiel besser. Also ihr habt euch ja wirklich nicht im Geringsten verändert.
Hübsch wie eh und je. Ich hatte es ja nicht wirklich geglaubt als ich hörte, dass ihr
nach 25 Jahren plötzlich wieder aufgetaucht seiet.“


GABRIELLE:
„Doch...doch das ist schon wahr. Die grauen Haare haben dich übrigens... nicht
verändert. WAS FÄLLT DIR EIN MICH UMZUSCHMEIßEN???“


AUTOLYCUS:
„Ich hab doch nicht gesehen, dass du es warst. Hey... du kennst mich.“

XENA:
„Ja...einmal ein Dieb, immer ein Dieb.
Was wolltest du mit dem Papyrus? Was hat es damit auf sich?“

Der König der Diebe ist sich im Klaren darüber, dass ihm Ausflüchte nicht viel nützen werden. Die beiden kennen ihn zu gut sie haben zu viele Abenteuer miteinander erlebt.



AUTOLYCUS:
„Nun...es ist ein Rätsel.“

GABRIELLE:
„Das wissen wir auch bereits. Nur, was bedeutet es?“

AUTOLYCUS:
(leicht genervt)
„Woher soll ich das wissen? Ich bin, bevor ich es lesen konnte, über
eine Blondine gestolpert.“

Gabrielle presst die Lippen fest zusammen um ihren Gedanken verbal freien Lauf zu verhindern.

XENA:
„Also... du musst doch wissen worum es in dem Rätsel geht?! Sonst würde es dich
ja nicht so interessieren.“


AUTOLYCUS:
„Nun... es handelt sich um das Versteck einer sehr alten Zauberformel. Sie darf nicht
in falsche Hände geraten.“


GABRIELLE:
„Was für eine Zauberformel?“

Als Autolycus nicht gleich antwortet, zupft ihm Xena etwas am Kragen. Dann hält sie ihm zwei Finger an den Hals.
Der König der Diebe begreift sofort, was sie damit andeutet.

AUTOLYCUS:
„Ist ja schon gut.
Es ist eine Seite aus dem Buch von Toth. Mit dieser Zauberformel kann man
einen Toten, ins Leben zurückholen.“

Xena starrt den König der Diebe misstrauisch an.

XENA:
„Du glaubst doch wohl nicht an solche Märchen?“

GABRIELLE:
„Ich habe schon davon gehört. Vielleicht ist da ja wirklich was dran? Aber was willst
du mit dieser Zauberformel?“


AUTOLYCUS:
„Ob ihr es glaubt oder nicht, ich bin hier in geheimer Mission und zwar für... haltet
euch fest... den römischen Kaiser.“


GABRIELLE:
„Wie bitte? Wie tief bist du eigentlich gesunken?“

Die Bardin ist aufgebracht. Xena versucht sie zu beruhigen.

XENA:



„Lass ihn doch ausreden! Verhauen können wir ihn immer noch.“

AUTOLYCUS:
„Der Ägyptische Präfekt ist ein fanatischer Anhänger von Julius Cäsar...
Na Xena, geht dir ein Licht auf?“


GABRIELLE:
(erschrocken)
„Du meinst er will Cäsar ins Leben zurückholen? Ist der wahnsinnig?“

Xena schluckt schwer. Damit hat sie nicht gerechnet.

XENA:
(leise, bitter)
„Dieser Name verfolgt mich nun auch noch nach seinem Tod...
Sollte die Zauberformel tatsächlich existieren, muss um jeden Preis verhindert werden,
dass Cäsar ein weiteres Mal die Bühne der Weltgeschichte betreten kann.“


AUTOLYCUS:
„Der Präfekt ist zerfressen von Gier und Machthunger.“

GABRIELLE:
„Eine verbreitete römische Eigenschaft. Erzähl alles was du weißt!“

AUTOLYCUS:
„Wir sollen das nicht hier besprechen...“

Xena und Gabrielle nicken einander zu und sie machen sich auf den Weg, um eine Unterkunft zu suchen.


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TAVERNE -- KURZE ZEIT SPÄTER

Sie nehmen sich zwei Zimmer und beschließen, da die Taverne gut besucht ist, alles Weitere in einem der Zimmer zu besprechen.

AUTOLYCUS:
„Als ich hier ankam, hörte ich mich zunächst eine Weile um. Alles was ich wusste war,
dass diese Zauberformel existierte. Dann machte ich die Bekanntschaft eines Priesters.
Ich habe ihn in meiner gewohnt geschickten Art etwas ausgequetscht.

Na ja, vielleicht haben auch einige Becher Wein etwas nachgeholfen. Also, ich konnte
in Erfahrung bringen, dass es einen Papyrus mit einem Rätsel gibt. Aber er sagte,
er sei sicher bewacht im Tempel des Toth.“


GABRIELLE:
„Nun, nicht so sicher wie er glaubte.“

AUTOLYCUS:
„Der Priester erzählte mir auch von einem Schlüssel. Aber dieser sei vor
kurzem verschwunden.“


XENA:
„In dem Rätsel wird von einem Schlüssel gesprochen. Gabrielle, lies doch nochmals vor.“

Die Bardin nimmt den Papyrus aus dem Kasten.

GABRIELLE:
„Folge dem letzen Weg der Pharaonen
Der rechte Wächter birgt das Geheimnis
Amenophis hält das Schloss
Der Schlüssel öffnet den Weg zum ewigen Leben.“




AUTOLYCUS:
„Hmmm... ich vermute, dass sich dieser Schlüssel bereits im Besitz des Präfekten befindet.
Es muss also eine Strategie ausgearbeitet werden, um in den Palast zu kommen und den
Schlüssel zu stehlen.
Ein im Grunde schier unmögliches Unterfangen, aber...man nennt mich ja nicht umsonst
den König der Diebe. Und nun habe ich auch noch euch... mir ist da auch schon ein
Gedanke gekommen. Aber... das sollten wir besprechen, nachdem wir uns
ausgeruht haben.“

Der König der Diebe erklärt ihnen jedoch zuvor noch in Bruchstücken seinen todsicheren Plan: Er wird den römischen Senator Sixtus spielen, der mit seiner Frau und deren Sklavin die Provinz Ägypten besucht.

GABRIELLE:
„Und das alles hast du dir gerade ausgedacht?“

XENA:
„Legen wir uns alle etwas hin um dann Morgen die Details auszuarbeiten.“

Damit sind alle einverstanden.



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TAVERNE -- EINIGE STUNDEN SPÄTER

Das Trio findet sich wieder unten in der Schankstube ein und sie nehmen an einem Tisch in der hintersten Ecke Platz.



AUTOLYCUS:
„Also, was sagt ihr? Schaffen wir das?“

XENA:
„Ich müsste mir noch ein paar vornehmere Kleidungsstücke besorgen und für
Gabrielle die Sachen einer Sklavin.“

Gabrielle schaut Xena verblüfft an.

GABRIELLE:
„Moooment...Wieso soll ich schon wieder deine Dienerin sein? Hä? Hatten wir
nicht ausgemacht, dass ich mal dran bin die Herrin zu sein?“


AUTOLYCUS:
„Ist denn das nicht völlig egal?“

GABRIELLE:
„Nein. Immer drückt sie mir die Sklavenrolle aufs Auge. Aber diesmal nicht.
Ich kann das genauso gut wie sie!“




XENA:
(verdreht die Augen; gespielte Nachgiebigkeit)
„Na schön, na schön. Dann übernimmst du halt meine Rolle.“

Die Bardin ist zufrieden. Endlich kann man sich wichtigeren Aufgaben widmen.

AUTOLYCUS:
„Während ihr geschlafen habt, habe ich eine Karte vom Palast organisiert.“

GABRIELLE:
(verblüfft)
„Wie hast du das nun wieder angestellt?“

Autolycus rümpft etwas die Nase.



AUTOLYCUS:
„Du weißt, wie man mich nennt.“

XENA:
„Ja, ja, ja... ich will gar nicht wissen, wie du das gemacht hast.“

Autolycus zeigt ihnen die Karte vom Palast.
Gabrielle und Xena soll den Präfekten ablenken, damit sich Autolycus unbemerkt umsehen kann. Man feilt noch an einigen Details aber im Prinzip steht der Plan. Er musst nur noch durchgeführt werden.


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VOR DEM PALAST -- IN DEN FRÜHEN MORGENSTUNDEN

Die drei Verschwörer sind von den Fußsohlen bis hin zu falschen Haarteilen ausstaffiert.

Autolycus trägt eine weiße Toga mit roter Schärpe; ein langer, angeklebter Bart ziert sein Gesicht. Gabrielle, die eingehakt neben ihm geht, trägt ein elegantes blaues Kleid, wie es die römischen Damen tragen. Ihr Haar ist fein frisiert und sie trägt einen dezenten Kopfschmuck. Mit anderem Schmuck ist sie nicht ganz so spärlich ausstaffiert.

Hinter den beiden trottet, eingehüllt in ein spärlich anmutendes Leinenensemble, eine nicht ganz zufriedene Xena. Um ihren Hals gebunden befindet sich das allgemein übliche Band, das man den Sklaven zur Erkennung ihres Status anlegt.

Die Bardin ist in ihrem Element und auch Autolycus macht nicht den Eindruck, als sei er schlechter Laune. Er liebt das prickelnde Gefühl der Herausforderung. Wie sich sein Puls angesichts der möglicherweise bevorstehenden Gefahr erhöht!

Am großen Eingangstor angekommen werden sie von einer Wache angehalten.

WACHE:
„Halt. Seid ihr gemeldet?“

AUTOLYCUS:
(entschlossen)
„Gemeldet? Selbstverständlich sind wir gemeldet. Ich will doch hoffen, dass der
Nachrichtendienst hier nicht schlampig arbeitet!“


WACHE:
„Euer Name? Wer seid Ihr?“

GABRIELLE:
(näselnd)
„Mein guter Mann. Ihr seht hier Sixtus, Senator des römischen Reiches und ich bin
seine Frau, Claudia. Alles, was hinter uns läuft ist der Beachtung nicht wert.“




WACHE:
(verlegen)
„Auf meiner Liste seid Ihr nicht verzeichnet. Ich muss mich da erst... erkundigen... verzeiht.“

AUTOLYCUS:
(gespielte Empörung)
„Das ist ja ungeheuerlich. Aber was will man erwarten von einer heruntergekommen Provinz.“

Der Wachhabende eilt durch das Tor und verschwindet im Inneren des Palastes.

XENA:
„Der Beachtung nicht wert???
Ich hoffe, ihr fühlt euch wohl.“


GABRIELLE:
(grinsend)
„Läuft doch prima und nun sei still, Sklavin.
Sprich nur, wenn deine Herrschaft dich fragt.“


XENA:
(grimmig)
„Dir werd ich gleich Herrschaft...“



AUTOLYCUS:
„Kinder, nun haltet mal beide die Klappe. Was ist das nur mit euch Frauen?“

Kurze Zeit später kommt die Wache in Begleitung eines Mannes zurück. Er stellt sich als Magnus, erster Berater des römischen Präfekten Tiberius, vor. Dann nimmt er die drei Gestalten für einige Zeit in Augenschein.
Die Blicke des Mannes sind Gabrielle nicht geheuer, doch sie versucht, ihre Verunsicherung nicht anmerken zu lassen.

MAGNUS:
„Es liegt uns keine Kenntnis für Euer Erscheinen vor. Doch tretet hinein, wir werden
nach einem Boten schicken.
Der Präfekt wünscht Euch zu sehen.“




AUTOLYCUS:
„Es wäre auch wirklich ein Eklat, wenn ein Senator Roms vor den Toren einer
römischen Provinz nicht eingelassen würde!“

Der Berater geht voraus und die Anderen folgen. Xena bemüht sich, einen würdigen Abstand zu halten. Was sich eigentlich auch als ganz nützlich erweist. So kann sie sich die Lage der äußeren Palastanlage recht gut ansehen.

Sie werden in den Empfangsraum des Präfekten geführt.


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EMPFANGSRAUM

Der Präfekt sitzt, mit einem Verband um seinen Kopf, an seinem Schreibtisch.

AUTOLYCUS:
„Mein lieber Tiberius, was ist mit Euch geschehen?
Ihr seht schrecklich aus.“


TIBERIUS:
„Der verdammte Mob probte einen kleinen Aufstand, aber es hat sich bereits erledigt.
Wir haben die Rädelsführer eingekerkert.“


Gabrielle wird es mulmig beim Gedanken, dass andere für ihr Verschulden leiden mussten. Doch das ist wohl nicht mehr zu ändern.

TIBERIUS:
(einschmeichelnd)
„Nun Senator und natürlich die liebreizende Gattin...“

Der Präfekt geht auf Gabrielle zu und küsst ihr die Hand. Es fällt ihr etwas schwer, ihr Anwidern nicht zum Ausdruck bringen zu dürfen.

TIBERIUS:
„Was führt Euch in meine Provinz? Man hat mich nicht von Eurem Kommen
informiert. Was natürlich kaum zu entschuldigen ist.“


AUTOLYCUS:
„Nun... lassen wir es gut sein. Ich bin hier, da unserem erlauchten Kaiser Claudius
zu Ohren gekommen ist, dass sich die politische Situation in Ägypten verschlechtern
würde. Und nun muss ich ja feststellen, dass dem wohl so ist. Der Kaiser schickt mich
als seinen persönlichen Vertrauten, um ihm Bericht zu erstatten.“


Der Präfekt schluckt heftig. Diese Anschuldigungen sind ihm sichtlich unangenehm. Er ringt um Worte.

TIBERIUS:
„Nun... Claudius hat Bedenken? Aber doch nicht meinetwegen. Ich habe hier
alles unter Kontrolle.“


AUTOLYCUS:
„Ich bin hier, um das zu prüfen. Wollt Ihr mich dabei unterstützen?“

TIBERIUS:
„Aber, ja...doch...selbstverständlich!“

AUTOLYCUS:
„Nun gut... dann schlage ich vor, dass ich mich ein wenig umsehe. Ich möchte
mich mit der Umgebung vertraut machen.“

Der Präfekt nickt.
Gabrielle hakt sich bei Tiberius ein und beginnt ein Gespräch mit ihm.



GABRIELLE:
„Mein lieber Tiberius, Ihr müsst mir alles über Euch und Eure Aufgaben hier berichten.“

XENA:
„Wird man uns keine Gemächer zuweisen?“

TIBERIUS:
(erbost)
„Wer hat dir erlaubt zu sprechen? Was ist los mit den römischen Sklaven? Natürlich
wird man dem Senator und Euch, liebste Claudia, Gemächer zuweisen.
Unverschämte Sklavin!“

Er weist einen Bediensteten an, die Zimmer vorzubereiten.

GABRIELLE:
„Anexia, dein loses Mundwerk wird dich eines Tages an den Pranger bringen. Los, geh
und hilf das Schlafgemach vorzubereiten.
Verzeiht erlauchter Tiberius, Sie ist Griechin. Ein aufmüpfiges, widerspenstiges Volk.“

Xena beißt sich auf die Zunge. Sie senkt ihren Kopf, als hätte man sie eingeschüchtert. Hätte der Präfekt ihren Gesichtsausdruck gesehen, ihm wäre Angst und Bange geworden.

Sie folgt dem Ägyptischen Diener hinaus auf den großen Flur.


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